Löws Überraschungsspieler Petersen: Vorbild, Top-Joker und Mannschaftsspieler
Freiburg (dpa) - Nils Petersens letzter Auftritt in einem Trikot mit dem Adler auf der Brust endete mit einem Fehlschuss - und der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen.
Im Finale vergab der Stürmer des SC Freiburg gegen Brasilien seinen Versuch im legendären Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro und ermöglichte Neymar die Gelegenheit zum entscheidenden Treffer beim 5:4 im Elfmeterschießen. So überraschend Petersen vor zwei Jahren von Horst Hrubesch für den Olympia-Kader nominiert worden war, so unerwartet kommt nun die Wahl von Bundestrainer Joachim Löw für die Weltmeisterschaft in Russland.
„Die Nominierung ist eine sehr große Ehre für mich. Ich habe damit nicht wirklich gerechnet und bin sehr dankbar. Die Chance dabei sein zu können, ist die Krönung der Saison“, ließ Petersen nach der Bekanntgabe durch seinen Club mitteilen. Interviews geben will er erst mal nicht, für die Rolle im Mittelpunkt ist der 29-Jährige aus dem Harz auch viel zu bescheiden.
Seit dem Turnier in Brasilien hat Petersen im deutschen Fußball einen herausragend guten Ruf. Der Mittelstürmer stand zwar nur einmal in der Startelf. Mit sechs Toren wurde er aber dennoch Torschützenkönig. Zudem ist der mannschaftsdienliche Profi ein Vorbild für viele junge Profis geworden - in Rio und in Freiburg. „Von ihm erhoffe ich mir einiges“, sagte Löw am Dienstag. „Nils Petersen hat noch nicht so viel internationale Erfahrung. Aber ich glaube, er wächst mit seinen Aufgaben.“
Petersen ist der Typ Fußballer, der immer alles gibt und nie murrt - auch dann nicht, wenn er nach dem Abstieg in die 2. Liga in Freiburg bleibt, dort 21 Tore schießt und im ersten Jahr Bundesliga dann oft nur als Joker ins Spiel kommt, weil der Platz in der Startelf zumeist an Florian Niederlechner ging.
Was machte Petersen? Neun seiner zehn Saisontore erzielte er nach Einwechslungen, stellte damit eine Bestmarke ein und eine neue auf. Gerade die Joker-Qualitäten hob Löw nun hervor. Mit inzwischen 20 Toren nach Einwechslung hält er den Bundesliga-Rekord. „Wir kennen seine Qualität. Wenn der Gegner müde wird und es mehr Räume gibt, kann er sie nochmal besser ausspielen“, erklärte Trainer Christian Streich damals seine Vorliebe für Petersen als Joker.
An Freiburgs Klassenverbleib in der vergangenen Saison hatte Petersen, der in seiner Karriere außerdem für Werder Bremen, den FC Bayern München, Energie Cottbus und Carl Zeiss Jena spielte, mit seinen 15 Saisontoren nun wieder maßgeblichen Anteil. Nur Robert Lewandowski traf in der Liga häufiger.
Petersens Fähigkeiten und Spielverständnis kennt Löw gut. Er ist häufig Gast im Schwarzwald-Stadion. Zuletzt beim 2:0 der Freiburger gegen den FC Augsburg am vergangenen Samstag. Im Januar entdeckte ihn Petersens Papa Andreas, selbst Trainer und zukünftig Sportdirektor bei Germania Halberstadt, in Dubai zufällig am Strand und wollte eigentlich nach den Chancen für seinen Sohnemann fragen, ließ es aber sein. Nun ist die Freude riesig. „Ich habe geheult wie ein Schlosshund“, berichtete er dem MDR.