Warum die Hymne bei der WM eine Rolle spielt
Manchen treibt das Liedgut zu Tränen, andere richtet es auf. Gesungen wird fast immer.
Brasília. Wenn es allein nach Fifa-Präsident Joseph Blatter gegangen wäre, hätten wir bei dieser WM einiges verpasst. Der Schweizer wollte die Nationalhymnen vor Länderspielen schon mal abschaffen, wollte eine Einheitshymne einführen. Aber was wäre das Sportfest ohne jene bewegenden Momente vor dem Anpfiff — voller Patriotismus, Stolz, Rührung und Sangeslust?
Da verlieren auch hartgesottenen Fußballprofis schon mal eine Träne. Das betonte Brasiliens Abwehrspieler Dani Alves: „Das ist kein Zeichen von Schwäche, im Gegenteil. Diese Emotionen sind menschlich, die kann man nicht kontrollieren.
Sein Teamkollege Neymar musste sich bei der Nationalhymne die Tränen aus den Augen wischen. „Das war einer der bewegendsten Momente meines Lebens“, sagte Neymar, der stimmlich von seinem Kapitän Thiago Silva übertroffen wird, der jedes Mal mit geschlossenen Augen so leidenschaftlich das Lied schmettert, als hänge der Spielausgang davon ab. Seit dem Confed-Cup 2013 singen die Seleção und ihre Fans die zweite Strophe der brasilianischen Hymne a cappella. Gänsehaut garantiert.
Singe, wem Gesang gegeben? Zico hält das für übertrieben. „Beim ersten Spiel habe ich es sogar noch verstanden“, sagte Brasiliens Fußball-Idol. Jetzt hält er es für übertrieben, man habe sich schließlich auf das Spiel zu konzentrieren. Brasiliens Marcelo sieht das anders: „Wenn die Fans mit uns die Hymne singen, dann ist das wie aus einer anderen Welt. Es ist unsere Art, dem brasilianischen Volk näher zu sein.“
Geoffroy Serey von der Elfenbeinküste schluchzte gar hemmungslos vor dem Anpfiff. „Es waren die Emotionen, weil ich für mein Land bei der WM spiele“, erklärte er. Deutschlands Torjäger Thomas Müller hat schon mal ein Zwinkern für die Fernsehzuschauer übrig, wenn die Kamera an ihm vorüber schwenkt. Die Hymne als stimmungsvoller Auftakt, schlimm genug für die Protagonisten, dass beim Spiel Frankreich gegen Honduras die Hymnen wegen technischer Probleme ausfielen. Das sei eine „Respektlosigkeit seitens der Organisatoren“ gewesen, klagte Frankreichs Innenverteidiger Mamadou Sakho.
Der schwäbische USA-Trainer Jürgen Klinsmann wird beim Spiel seines Teams gegen Deutschland am Donnerstag beide Hymnen singen: „Ich finde, die amerikanische Nationalhymne ist eine wunderschöne Hymne.“ Das Beste kommt zum Schluss: Pfiffe von gegnerischen Fans während dieser Zeremonie gab es bisher kaum. Red/dpa