Bundesliga stärkt Brand - Nachwuchs ohne Chance
Leipzig (dpa) - Das jahrelange Klagen von Bundestrainer Heiner Brand über die mangelnde Integration deutscher Nachwuchsspieler in der Bundesliga scheint langsam Gehör zu finden. Das schlechteste Abschneiden in der WM-Historie hat die Handball-Szene vier Jahre nach dem Titel-Triumph wachgerüttelt.
„Die Bundesliga sollte seine Kritik ernst nehmen. Eine bessere Anschlussförderung der Talente wäre keine Erfolgsgarantie. Aber sie würde die Chance erhöhen, dass wir irgendwann wieder jubeln können“, sagte Sportchef Christian Fitzek vom HSV Hamburg.
Brands ehemaliger Co-Trainer Bob Hanning, zugleich Vizepräsident der Handball-Bundesliga (HBL) und Manager der Berliner Füchse, sieht die Jugendarbeit auf dem richtigen Weg. Bei den Bundesligisten habe sich viel getan. „Das bestätigen auch die Erfolge der Jugend- und Junioren-Nationalmannschaften“, sagte Hanning und betonte: „Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir die Nachwuchsspieler besser integrieren. Wie bekommen wir die großen Talente über einen Anschlusskader an die Bundesliga herangeführt?“ Er fordert pro Verein vier deutsche U23-Spieler auf dem Spielberichtsbogen.
Der Geschäftsführer der SG Flensburg-Handewitt, Holger Kaiser, sieht ein Qualitätsproblem auf dem deutschen Markt. „In Deutschland bieten sich zur Zeit leider nicht so viele herausragende Spieler an wie in anderen Ländern. Das gab es auch schon im Fußball, siehe Nationalmannschaft in den 90er Jahren“, sagte er. „Dass die Vereine nur auf den schnellen Erfolg starren und ausländische Spieler lieber holen als den eigenen Nachwuchs auszubilden, stimmt so nicht. Kein Verein sagt: Wir wollen keinen guten deutschen Spieler haben.“
Die heiß diskutierte Quotenregelung für deutsche Spieler hält Frank Bohmann, Geschäftsführer des Ligaverbandes HBL, für den falschen Ansatz und „rechtlich äußerst schwer durchsetzbar“. „Wir haben mit Flensburg in der Bundesliga genau eine Mannschaft, die im Durchschnitt nicht vier deutsche Spieler auf dem Spielberichtsbogen hat. Und das ist der besonderen geografischen Lage mit der Nähe zu Dänemark geschuldet“, sagte Bohmann der Nachrichtenagentur dpa.
Auch Axel Geerken, Geschäftsführer des VfL Gummersbach, hat wenig Hoffnung auf eine Selbstbeschränkung. „Dafür muss es immer einen Konsens in der Liga geben. Bei allen Beteuerungen: Für eine Mehrheit hat es bisher auch nie gereicht“, sagte er.
HBL-Geschäftsführer Bohmann erkennt ein anderes Problem: „Vielleicht haben wir in Deutschland bei den Jugendlichen selbst ein höheres Sicherheitsdenken, dass sie sagen: Mit 18 mache ich erstmal Studium, Ausbildung und trainiere nur zweimal die Woche.“ Andere Länder wie Kroatien oder Dänemark würden da vielleicht anders denken.
Harsche Kritik kommt vom SC Magdeburg, der in der Vergangenheit wie kaum ein anderer Verein deutsche Talente förderte. „Viele Positionen, die für die Entwicklung junger Spieler notwendig wären, sind mit internationalen Topstars besetzt“, sagte SCM-Manager Steffen Stiebler dem Radiosender „MDR INFO“.
Einigkeit herrscht zumindest in Sachen Heiner Brand. „Eine Personaldebatte wäre keine Lösung. Ich bin beeindruckt von der Ruhe und Konsequenz, mit der Brand auch im Norwegen-Spiel gecoacht hat. Einen besseren Bundestrainer kann ich mir nicht vorstellen“, sagte Fitzek. „Wir haben mit Heiner Brand unglaubliche Erfolge gefeiert, ob dieses Abschneiden gleich personelle Konsequenzen haben sollte, weiß ich nicht. Wir haben uns blamiert, aber ein Schnellschuss ist fehl am Platze“, betonte Kaiser.