Nach EM-Debakel DHB-Coach Prokop weiter in der Warteschleife

Leipzig (dpa) - Christian Prokop befindet sich auch nach dem umjubelten Auftritt in seiner einstigen Wohlfühl-Oase weiter in der Warteschleife.

Foto: dpa

Doch nach dem Austausch der ersten Argumente könnte die Aufarbeitung des EM-Debakels der deutschen Handballer schneller über die Bühne gehen als zunächst geplant. „Wir spielen nicht auf Zeit“, verkündete DHB-Präsident Andreas Michelmann im Anschluss an die eingehenden Gespräche mit dem Bundestrainer und einigen Spielern sowie im Präsidium am Rande des All-Star-Games in Leipzig.

Die Trainer-Frage war bei dem Show-Spektakel, das die DHB-Auswahl gegen eine Bundesliga-Weltauswahl mit 39:43 verlor, das beherrschende Thema. Und Michelmann war sichtlich bemüht, die Schärfe aus der hitzigen Debatte zu nehmen. „Es ist Zeit, über eine sprachliche Abrüstung zu reden, vor allem darüber, ob Köpfe rollen sollen“, mahnte der DHB-Boss.

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Rückkehr aus Kroatien hatte Prokop am Freitagabend eine mediale Hetzjagd beklagt. „Was in den letzten Tagen passiert ist, war teilweise sehr unmenschlich. Da gab es Halb- und Unwahrheiten“, kritisierte der von den Ereignissen sichtlich gezeichnete 39-Jährige und fügte hinzu: „Mit Sicherheit sind die Gräben nicht so, wie sie dargestellt wurden.“

Auch aus Sicht von Abwehrchef Finn Lemke, an dessen anfänglicher Nichtnominierung sich die internen Spannungen aufgebaut hatten, wurde „viel fehlgedeutet und fehlinterpretiert.“ Rückraumspieler Julius Kühn zeichnete ebenfalls ein besseres Bild, als es die deutsche Mannschaft bei der EM in der Öffentlichkeit abgegeben hatte. „Es wirkt von außen so, als ob das Tischtuch zerschnitten wäre. Das ist meiner Meinung nach nicht der Fall“, sagte Kühn und schloss eine weitere Zusammenarbeit mit Prokop nicht aus: „Alles ist möglich über eine persönliche Aussprache.“

Ob die Vorbehalte einiger Spieler gegen den Bundestrainer ausgeräumt werden können, müssen die kommenden Tage und Wochen zeigen. Prokop gestand in seiner offenen und ehrlichen Analyse vor dem DHB-Präsidium immerhin erstmals eigene Fehler ein.

Dazu gehörte vor allen die Nichtnominierung von Lemke, dessen Rolle er völlig unterschätzt hatte. „Er ist ein ganz wichtiger Bestandteil des Teams. Künftig brauchen wir solche Typen, die die Mannschaft führen“, revidierte Prokop sein Fehlurteil. Zudem habe er das Team seine eigene Unzufriedenheit spüren lassen. „Das ist mit Sicherheit ein Fehler, eine Erfahrung, die man aus so einem engen Turnierverlauf mitnehmen wird“, räumte Prokop ein.

Unterstützung erhielt der Bundestrainer von Liga-Präsident Uwe Schwenker. „Die Person Christian Prokop ist für mich völlig unantastbar. Und ich glaube auch für alle beteiligten Präsidiumsmitglieder, sowohl der Handball-Bundesliga als auch des Deutschen Handballbundes“, sagte Schwenker.

Auch die Spieler zweifeln nicht an Prokops Kompetenz. Doch allein diese reicht nicht aus, um alle hinter sich zu bringen. Ein klares Bekenntnis pro Prokop gab es von der Mannschaft noch nicht. „Jeder hat sich selbst hinterfragt, was er hätte besser machen können. Jetzt wird es weiter in die Analyse gehen, und dann schauen wir mal“, sagte der nach seiner schwachen EM-Leistung ebenfalls in die Kritik geratene Kapitän Uwe Gensheimer. Prokop hofft, die Bad Boys auch zur Heim-WM 2019 zu führen: „Ich bin zuversichtlich, dass man mit diesem Team viel erreichen kann.“