K(l)eine Sonderrolle: Mama Jurack steht zur Wahl

Leipzig (dpa) - Doppelrolle statt Sonderrolle: Ausnahme-Handballerin Jurack ist nicht nur auf dem Spielfeld gefordert und gefragt, sondern vor allem auch als Mutter. Vor ihrer sechsten EM steht die Champions-League-Siegerin zur Wahl als Welthandballerin.

Duschen, verabschieden und weg: Grit Jurack hatte es am 1. Dezember eilig, Hildesheim zu verlassen. Nicht, weil ihr letzter Wurf vier Sekunden vor Schluss das Ziel verfehlte und so die 30:31-Niederlage der deutschen Handball-Frauen gegen World-Cup-Sieger Rumänien besiegelte. Vielmehr stürzte sich die 33-Jährige ins Schneegestöber Richtung Leipzig, weil dort ihr fast zehn Monate alter Sohn Lukas bei der Oma wartete. So verpasste Jurack am Donnerstag auch das letzte Training der Nationalmannschaft vor der Abreise zur EM am Sonntag. Dies sei keine Sonderrolle, sondern lediglich ein kleines Zugeständnis, sagte Bundestrainer Rainer Osmann.

Der Eisenacher hat die Rekord-Nationalspielerin nach der Baby-Pause wieder in die Auswahl integriert. Doch das Spiel ist nicht mehr wie zuvor sie zugeschnitten. Ihre Einsatzzeiten sind weniger geworden, weil sie sich ihre Position im rechten Rückraum mit Susann Müller teilt. Nach Meinung von Osmann ist der Rollenwechsel kein Problem für die Spielerin vom dänischen Spitzenclub Viborg HK. „Wenn es kompliziert für sie wäre, hätte sie mit mir gesprochen“, erklärte der Bundestrainer. Immerhin weiß er auch, was er an ihr hat. „Ich bin froh, dass sie wieder dabei ist. So eine Spielerin steht jedem gut zu Gesicht, der höhere Ziele hat“, sagte Osmann.

Im Mai hatte sie mit ihrem Verein zum dritten Mal die Champions League gewonnen und ist als eine von fünf Spielerinnen für die Wahl zur Welthandballerin nominiert. „Das untermauert, dass Grit eine große Spielerin ist“, anerkannte der Bundestrainer. Für die Kandidatin selbst kam das „ein bisschen überraschend, aber ich freue mich natürlich“, sagte sie.

Mit dem Auftaktspiel am 7. Dezember im norwegischen Larvik gegen Schweden startet Grit Jurack in ihre sechste EM. Seit ihrem Debüt 1996 hat die Leipzigerin 294 Länderspiele absolviert und 1557 Tore geworfen - deutsche Rekorde. Doch die Zahlen sind ihr nicht wichtig. Söhnchen Lukas steht seit Februar im Mittelpunkt. „Alles verändert sich, wenn man Mutter wird. Egal, wie ein Spiel ausgeht, wenn Lukas mich anlächelt, ist alles zuvor vergessen“, bekannte sie.

Während der EM vom 7. bis 19. Dezember in Norwegen und Dänemark muss sie auf ihren Sprössling verzichten, der bei der Oma in Leipzig bleibt. Bedenken hat der Bundestrainer wegen der Trennung von Mutter und Kind nicht. „Sie macht das sehr professionell“, befand Osmann.