Nationalteams im Schwebezustand: Olympia gefährdet

Reykjavik (dpa) - „Task Force“ Männer, Arbeitsgruppe Frauen: Vor den Olympischen Spielen 2012 in London befinden sich die deutschen Handballteams nach ihrem Absturz im Schwebezustand.

Mit Expertengruppen suchen der Deutsche Handballbund (DHB) und die Ligen händeringend nach Lösungen für die drängendsten Probleme: In Heiner Brand und Rainer Osmann sind beide Bundestrainer wohl über den Sommer hinaus nicht mehr im Amt.

Mitten im Qualifikationsstress sind die Handball-Funktionäre nun auf Stellen- und Personalsuche. Während die Männer derzeit mit zwei Partien gegen Island in der Qualifikation für die EM 2012 um ihre letzte Olympia-Chance spielen, steht den Frauen die gleiche Mammut-Aufgabe im Juni gegen Ungarn in den Playoffs für die WM im Dezember in Brasilien bevor.

Der 58-jährige Brand hatte angekündigt, vorerst bis Ende Juni im Amt bleiben zu wollen. Damit hat er sich und dem Verband aber auch eine Karenzzeit für die Problemlösung eröffnet. Als unmittelbare Reaktion auf den elften WM-Platz und die verpasste direkte Qualifikation für ein Olympia-Ausscheidungsturnier wurde eine „Arbeitsgruppe Unterstützung Nationalmannschaft“ ins Leben gerufen. Diese paritätisch aus DHB und Bundesliga zusammengesetzte „Task Force“ soll bis zum Sommer ausloten, in welcher Form der Gummersbacher Weltmeister-Spieler und -Trainer weiter verantwortlich eingebunden werden kann, und auch einen potenziellen Nachfolger ausgucken.

Als Mitglied des sechsköpfigen Gremiums ist Brand, dessen Vertrag noch bis Ende 2013 läuft, an diesen Aufgaben direkt beteiligt. Unklar ist vor allem, in welcher Funktion Brands Kompetenz für den Verband weiter am besten genutzt werden kann. „Es ist natürlich klar, dass wir Heiner Brand halten wollen. Das Gesicht des Handballs können wir nicht verlieren, sondern wollen seine Kompetenz weiter nutzen“, betonte DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier unermüdlich.

Gänzlich anders und akut ist hingegen die Situation bei den Frauen. Der 60 Jahre alte Osmann steht aus gesundheitlichen Gründen bis auf weiteres für die Nationalmannschaft nicht zur Verfügung und wird aller Voraussicht nach auch nicht auf die Auswahlbank zurückkehren. Wegen seiner Krankheit liegt jedoch die Arbeit brach: Das EM-Debakel mit dem 13. Platz im vorigen Dezember ist nicht aufgearbeitet worden, ein Auswahllehrgang wurde abgesagt und der nächste inklusive eines hochkarätig besetzten Vier-Nationen-Turniers in Völklingen mit Olympiasieger und Europameister Norwegen, dem WM-Zweiten Frankreich und dem WM-Vierten Spanien steht bereits Ostern bevor.

Nun will das DHB-Präsidium auf seiner Sitzung im westfälischen Halle zumindest eine Übergangslösung beschließen. Die ebenfalls zu gleichen Teilen aus Verbands- und Ligavertretern besetzte Arbeitsgruppe Nationalmannschaft hat einen Vorschlag erarbeitet. Denkbar ist, dass für das Turnier und die Playoff-Spiele zwei oder drei Bundesliga-Trainer die Nationalmannschaft betreuen. „Die Situation ist schwierig“, gab DHB-Vizepräsident Bredemeier zu. Dabei ist das Anforderungsprofil für den möglichen Nachfolger von Osmann zumindest von Liga-Seite aus klar. „Es ist vielleicht an der Zeit, jemanden zu nehmen, der im Frauen-Bereich Erfahrung hat“, meinte Kay-Sven Hähner, stellvertretender Liga-Chef und Manager des deutschen Meisters HC Leipzig.