Staffel-Gold für Sprinterinnen und Weitspringer Bayer
Helsinki (dpa) - Mit Goldglanz und Gloria haben die deutschen Leichtathleten in Helsinki ihre Generalprobe für die Olympischen Spiele bestanden - als Top-Nation in Europa.
Nach den Kugelstoß-Assen Nadine Kleinert und David Storl, Diskus-Hüne Robert Harting und Zehnkämpfer Pascal Behrenbruch sorgten am EM-Schlusstag die 4 x 100 Meter-Staffel der Frauen sowie Weitspringer Sebastian Bayer für die Titel Nummer fünf und sechs. „Nach der EM können die Athleten selbstbewusst nach London reisen. Wir werden dort eine ganze Reihe von Medaillenkandidaten an den Start schicken können“, sagte Verbandschef Clemens Prokop.
„Ich glaube, dass wir in London wesentlich besser abschneiden werden, als bei den letzten beiden Olympischen Spielen zusammen“, so Prokop weiter. Dazu ist der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) freilich fast schon verdammt nach nur einer Bronzemedaille 2008 in Peking und zweimal Silber 2004 in Athen - und die Konkurrenz in London wird gnadenlos sein.
Den Aufschwung bei der Heim-WM 2009 in Berlin und der WM vergangenes Jahr in Daegu/Südkorea bestätigten in Helsinki Harting und Co.: Das 89-köpfige deutsche EM-Team holte sechsmal Gold, sechsmal Silber und viermal Bronze und lag damit im Medaillenspiegel sogar vor Russland (5/4/6), das allerdings längst nicht mit allen Topathleten in Helsinki vertreten war. Vor zwei Jahren in Barcelona hatte es ebenfalls 16 mal Edelmetall gegeben, darunter viermal Gold. 61 Athleten haben die Olympia-Norm erreicht.
„Ich würde der Nationalmannschaft die Note 1 geben“, sagte Sportdirektor Thomas Kurschilgen fast schon euphorisch. Neben dem erst 21 Jahre alten Kugelstoß-Europameister Storl, den seine Disziplinkollegin Kleinert als „Jahrtausendtalent“ lobte und Weitspringer Bayer lieferte der zweifache Weltmeister Harting mit 68,30 Metern im regennassen Diskusring die international wertvollste Leistung ab. „Ich hoffe, dass nun noch ein Titel dazukommt“, sagte der Berliner mit Blick auf die Sommerspiele (27. Juli bis 12. August). „Die EM war nur eine Zwischenstation.“
Diese bewältigte die 4 x 100-Meter-Staffel im Eiltempo: Das Quartett mit Verena Sailer als Schlussläuferin rannte in 42,51 Sekunden zum Sieg. „Ich hatte Angst, dass ich nicht laufen kann, aber dann war soviel Adrenalin da und ich konnte richtig Gas geben“, sagte die Mannheimerin. Die Männer-Staffel freute sich über den zweiten Platz hinter den Niederlanden. Das Männer-Quartett über 4 x 400 Meter beendete die EM als Gewinner der Bronzemedaille.
Ein ganz heißer Kandidat auf den Olympiasieg in der Sandgrube ist spätestens nach seinem EM-Triumph auch Bayer. Mit 8,34 Metern glänzte der Hamburger als Nachfolger seines Landsmannes Christian Reif. Erst im fünften Versuch hatte der Hallen-Europarekordler mit 8,33 Metern die Führung übernommen. „Für den Kopf war es wahrscheinlich der anstrengendste Wettkampf, den ich je gemacht habe“, sagte er. „In London machen wir es dann nochmal genauso - hoffentlich.“
Im packendsten Wettkampf der EM lieferte Björn Otto eine Riesenshow: Der 34-Jährige vom LAV Bayer Uerdingen/Dormagen sprang mit 5,92 Metern so hoch wie nie zuvor unter freiem Himmel und scheiterte dreimal beim Versuch, den deutschen Rekord von Tim Lobinger (6,00) von 1997 zu überbieten. Als Überraschungs-Zweiter hinter dem französischen Topfavoriten Renaud Lavillenie, der mit der Weltjahresbestleistung von 6,02 glänzte, jubelte Otto lauthals. „Ich denk ich kann auch 'ne 6,02 springen. Aber das war schon ein Wort, was der da gesprungen ist“, meinte er.
Bronze schnappte Raphael Holzdeppe (Zweibrücken) dem höher gehandelten Malte Mohr (Wattenscheid) weg. Silber gab es auch für Vize-Weltmeisterin Nadine Müller (Halle/Saale) im Diskusring und Stabartistin Martina Strutz aus Neubrandenburg.
Antje Möldner-Schmidt mit Bronze über 3000 Meter Hindernis zeigte wie schon zum EM-Auftakt der EM-Zweite über 5000 Meter, Arne Gabius (Tübingen), dass auch auf der Bahn wieder was geht für die DLV-Asse. „Die EM hat gezeigt, dass wir auf europäischer Ebene im Laufbereich aufgeholt haben. Es gibt eine Reihe von Talenten, die in Richtung Olympische Spiele 2016 auf gutem Weg sind“, betonte Prokop. „Wichtiger als alle Medaillen ist die Trendwende im Lauf.“