„Lieber in Benzinlache sterben“ - Ecclestone unter Druck
München (dpa) - Der ehemalige Bankvorstand Gerhard Gribkowsky hat im Bestechungsprozess gegen Bernie Ecclestone nachgelegt und den Formel-1-Boss schwer beschuldigt.
Ecclestone habe beim Verkauf der Formel-1-Mehrheit im Jahr 2006 um seinen Posten an der Spitze gebangt und ihm Millionen gezahlt, um Einfluss auf die Auswahl des Käufers nehmen zu können. „Herr Ecclestone hatte ganz klar das Interesse, sein Lebenswerk fortzuführen“, sagte der Banker, dem zweiten Tag seiner Zeugenvernehmung vor dem Landgericht München.
Ecclestone habe damals gesagt, er wolle „lieber in einer Benzinlache sterben“ als seinen Job an der Spitze zu räumen. Sein Motto sei gewesen: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir in der Formel 1.“ Ecclestone ließ sich die Aussage Gribkowskys Wort für Wort ins Englische übersetzen und schüttelte mehrmals den Kopf. Begleitet wurde der 83-jährige Brite erneut von seiner brasilianischen Ehefrau Fabiana Flosi, die im hinteren Teil des Gerichtssaals ebenfalls mit einem Übersetzer der Verhandlung folgte.
Die Staatsanwaltschaft wirft Ecclestone vor, Gribkowsky 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld gezahlt zu haben, um seine Macht an der Formel-1-Spitze zu sichern, als die BayernLB die Mehrheit an der Rennserie im Jahr 2006 verkaufte.
Am ersten Tag seiner Zeugenvernehmung hatte Gribkowsky die Richter zudem mit früheren Bestechungsversuchen überrascht, von denen in der Anklage bislang nicht die Rede war. Am Tag zwei der Aussage ging er ausführlich darauf ein und schilderte einen angeblichen „Verführungsversuch“ in Singapur, bei dem ihm Ecclestone 80 Millionen Dollar geboten habe. Ecclestone habe ihm damals zu verstehen gegeben, Singapur sei der letzte Weg, um Geld zu verstecken. „Ich hatte das so verstanden, dass Ecclestone dort viele Menschen kenne, unter anderem den Polizeipräsidenten.“
Aus seiner Sicht wollte Ecclestone mit der Offerte testen, ob der Banker überhaupt bestechlich ist. Gribkowsky beschrieb dies als „Testen der Wassertemperatur“. „Ist er empfänglich und wo liegt die Schmerzgrenze?“, habe sich Ecclestone wohl damals gefragt.
Gribkowsky ging aber nicht darauf ein. „Das war mir alles zu dubios und passte vorne und hinten nicht.“ Später nahm er dann aber doch 44 Millionen Dollar von Ecclestone an. „Das Angebot kam ganz klar von ihm“, sagte Gribkowsky. Der Banker wurde dafür bereits zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. „Ich hab die Karotte geschnappt oder die Wurst in die Pfanne gezogen“, sagte er.
Ecclestone fühlte sich hingegen nach eigenen Worten von dem Banker aus Deutschland erpresst. Aus Angst vor einer Anzeige bei den britischen Steuerbehörden habe er Millionen gezahlt. Gebannt ist die Gefahr für Ecclestone aber nicht: Vor wenigen Wochen wurde Gribkowsky nach eigenen Angaben in England vernommen, um den Finanzbehörden von seinen Erkenntnissen über Ecclestones Familienstiftung Bambino zu berichten, in die der Milliardär sein Vermögen eingebracht hatte.
Dort stellte Gribkowsky auch gleich klar, dass er sich nicht als „bösen Epresser“ sieht, erzählte er den Richtern. Der 56-Jährige stellte vor Gericht vielmehr Ecclestone als denjenigen dar, der Druck ausübte. Er habe klar gemacht, dass er der Herr im Haus war, ohne den in der Formel 1 nichts lief. „Die Folterinstrumente lagen auf dem Tisch“, sagte Gribkowsky.
Der Banker ließ sich auf den Deal mit Ecclestone ein und gab Ecclestones Wunschkäufer CVC den Vorzug für die Mehrheit an der Formel 1. „Ich hab danach nicht mehr mit der gleichen Härte verhandelt und agiert.“ Dieser Satz dürfte auch für die BayernLB von großem Interesse sein: Denn sie verklagt Ecclestone auf 400 Millionen Dollar Schadenersatz, weil sie überzeugt davon ist, dass sie ohne die Absprachen der beiden Männer viel mehr Geld für die Formel-1-Mehrheit erhalten hätte als 840 Millionen Dollar und auch keine Vermittlerprovision hätte zahlen müssen.
Gribkowsky gilt als wichtigster Zeuge in dem Prozess gegen Ecclestone. Seine Vernehmung wird am Mittwoch (14. Mai) fortgesetzt.