Spaß-Therapie für Hamilton: Keine Zweifel an Rückhalt

Montreal (dpa) - Frustbewältigung geht bei Lewis Hamilton wohl am besten mit heißen Autos und lauter Musik. Und so tobte sich der Formel-1-Weltmeister vor dem Großen Preis von Kanada erst bei der zweifelhaften Rallye „Gumball 3000“ im Luxus-Flitzer und dann im Tonstudio aus.

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Das alles, um den Ärger über den unnötigen Rückschlag im Titelrennen wegen der Strategiepanne seines Mercedes-Teams in Monaco hinter sich zu lassen. „Ich schaue nicht zurück, blicke nur nach vorn. Ich kann die Vergangenheit nicht verändern, nur die Zukunft kann ich beeinflussen“, sagte Hamilton in Montreal nach der dröhnenden Spaß-Therapie.

Das Glück allerdings hat der Brite derzeit anscheinend nicht auf seiner Seite. Beim Gaststart auf der letzten „Gumball“-Etappe von Los Angeles nach Las Vegas sei dem 30-Jährigen ausgerechnet im „Death Valley“ das Benzin ausgegangen, berichteten englische Medien. Fotos zeigen Hamilton beim Nachtanken seines knallblauen Sportwagens.

Schwerwiegender indes waren die Folgen seines außerplanmäßigen Stopps in Monte Carlo einige Tage zuvor. Weil ihn der zusätzliche Reifenwechsel um den sicher geglaubten Sieg im Fürstentum brachte, schrumpfte Hamiltons Führung in der WM-Gesamtwertung auf zehn Punkte auf Teamkollege Nico Rosberg zusammen. Intern krachte es nach dem Taktikpatzer heftig. „Monaco war für uns alle schwer zu verkraften“, bekannte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.

Vor dem siebten Saisonrennen in Montreal muss der Branchenführer plötzlich eine Debatte über Vertrauen und Kompetenz am Kommandostand moderieren. „Dieses Erlebnis wird uns in den kommenden Rennen als Team besser und stärker machen“, behauptete der Österreicher Wolff. Auch Hamilton wehrt öffentlichen Zweifel an der Stall-Harmonie ab. „Es ist alles in Ordnung. Ich habe volles Vertrauen in das Team“, sagte der Titelverteidiger hörbar genervt von dem Dauerthema.

Hamilton hat einfach keine Lust mehr auf Fragen nach Monaco. „Das ist mir völlig egal“, sagte er auf der Pressekonferenz des Weltverbands, die er wohl gern gemieden hätte. Immer wieder nestelte er an seiner Uhr mit dem Riesen-Zifferblatt, strich sich über das großflächige Tattoo auf dem rechten Oberarm und spielte mit dem Smartphone. Hat er etwas gelernt aus den Ereignissen von Monaco? „Ich mache so weiter wie bisher, das hat für mich gut funktioniert“, sagte Hamilton mit verärgertem Unterton.

Die Diskussion um Hamiltons Verhältnis zu seinem Arbeitgeber kommt für Mercedes zur Unzeit. Gerade erst hatte der schwäbische Autobauer nach monatelangem Poker einen neuen Dreijahresvertrag mit seinem teuersten Angestellten abgeschlossen. Die Spekulationen um Hamiltons Zukunft waren längst ins Kraut geschossen, bei jeder Fragestunde kam das Thema auf den Tisch. Mit der Unterschrift des zweimaligen Champions sollte Ruhe einkehren - und dann das.

Doch der Hamilton von 2015 ist erwachsen genug, seiner Crew den Fauxpas von Monaco nicht dauerhaft nachzutragen. Früher konnte der emotionale Rennfahrer bei Rückschlägen fast kindlich beleidigt sein, heute hat er sich besser im Griff. „Er ist mental so stark“, sagte Boss Wolff vor dem siebten Saisonrennen auf dem Circuit Gilles Villeneuve am Sonntag.

Montreal bietet Hamilton beste Voraussetzungen, die beginnende Aufholjagd von Rosberg zu stoppen. „Ich war hier immer stark, dieses Jahr will ich noch schneller sein“, sagte der WM-Spitzenreiter. 2007 gewann er auf der Ile Notre Dame seinen ersten Grand Prix. Zwei weitere Siege auf dem Hochgeschwindigkeitskurs am Sankt-Lorenz-Strom folgten. Hamilton fühlt sich bereit für Erfolg Nummer vier. „Ich möchte einfach wieder fahren und zurückschlagen.“