Armstrong provoziert - „Zu stark, um sauber zu sein?“

Cauterets (dpa) - Lance Armstrong kann es nicht lassen. Wie zu alten Zeiten inszeniert der Meister der Machtspiele mit provokanten Kommentaren zum neuen Tour-Patron Christopher Froome seine pikante Rückkehr nach Frankreich - und erweist sich wieder als großer Störenfried der Frankreich-Rundfahrt.

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„Froome/Porte/Sky sind sehr stark. Zu stark, um sauber zu sein? Fragt mich nicht. Ich habe keine Indizien“, twitterte Armstrong, bevor er in Denver in den Flieger stieg, um von Donnerstag an für zwei Tage an einem Wohltätigkeitsrennen des früheren Profifußballers Geoff Thomas im Dunstkreis der Tour de France teilzunehmen.

Fast ein Jahrzehnt lang hatte der auf Lebenszeit gesperrte Ex-Doper die Tour-Bühne zu seiner betrügerischen Show genutzt. Seine Rückkehr, auch wenn es für einen guten Zweck ist, wird kontrovers diskutiert. UCI-Chef Brian Cookson findet es „respektlos und unangebracht“. Es gebe viele andere Möglichkeiten, Geld für gute Dinge einzusammeln, sagt der Brite.

Armstrong, der sich in die Rolle des Harry-Potter-Bösewichts Voldemort gedrängt fühlt, kann die ganze Aufregung nicht verstehen. „Dass Geoff und ich durch Frankreich radeln, ist nun wirklich das geringste Problem von Cookson“, sagt Armstrong und hofft nach seinem notgedrungenen Doping-Geständnis vor zwei Jahren endlich auf Vergebung.

Auch Thomas findet, dass die Zeit zu Armstrongs Resozialisierung gekommen ist. „Wie lange will man ihm noch in den Hintern treten und ihn daran hindern, sein Leben zu leben? Er hat seinen Preis bezahlt und wird vermutlich finanziell noch viel mehr bluten müssen“, sagte Thomas, der selbst den Krebs besiegt hatte, nachdem er an Leukämie erkrankt war.

Seitdem sammelt Thomas Geld für seine Stiftung. Zusammen mit Amateurathleten fährt er einen Tag früher als das Feld der Tour de France die Etappen in Frankreich ab. Ziel ist es, eine Million Pfund einzusammeln, bislang sind schon über 600 000 Pfund zusammengekommen. Mit Armstrong will er die Spendenaktion weiter ankurbeln. Der Texaner wird zwei Etappen im Zentralmassiv mitfahren.

Eine Rückkehr mit Zündstoff, denn der 43-Jährige ist in seiner aktiven Karriere quasi über Leichen gegangen. Seinen Landsmann und Ex-Toursieger Greg Lemond, der heute als Experte bei der Tour arbeitet, hatte er einst zutiefst verunglimpft und an den Rand des geschäftlichen Ruins getrieben. Für Lemonds Frau Kathy ist Armstrong ein „Biest“, der frühere Radprofi gibt sich ein wenig nachsichtiger. „Ich hasse es, negative Energien in mir zu behalten. Aber um eine Entschuldigung zu akzeptieren, muss sich Lance bewusst sein, was er mir angetan hat“, sagte Lemond.

Eine Begegnung der beiden wird es aber wohl eher nicht geben. Armstrong dürfte kaum das direkte Umfeld der Tour suchen, vielmehr hofft er auf einen freundlichen Empfang der Menschen am Straßenrand. So wie 2009, als er bei der Tour sein Comeback gegeben hatte und gefeiert worden war, als wäre nie etwas passiert.

Vergebung oder Verachtung - wie wird Frankreich reagieren? Schon 2006 fiel die Begrüßung nach der Entschlüsselung von Armstrongs positiven EPO-Proben deftig aus. „Willkommen in Frankreich, Trouduc“, schrieb die Zeitung „France Soir“ damals. Trouduc ist das umgangssprachliche Wort für „trou du cul“, also „Arschloch“. Es war die Antwort auf Armstrongs einstigen Kommentar, dass die komplette französische Fußball-Nationalmannschaft positiv getestet worden sei, Arschlöcher zu sein.

Armstrong war um klare Worte - bis hin zu Denunziationen oder Beschimpfungen - nie verlegen. Im Fall Froome ist er womöglich zu weit gegangen, was er wohl an den heftigen Reaktionen gemerkt hat. So ruderte er auch schnell wieder zurück. „Ich beschuldige keinen, das Gegenteil ist der Fall. Ich bin daran nicht interessiert und habe auch nicht die Glaubwürdigkeit dafür“, twitterte er später. Trotzdem: Ziel erreicht. Die Aufmerksamkeit gehörte mal wieder dem Medienprofi.