Energie-Team als Talentschmiede der „neuen Generation“
Florenz (dpa) - Das Karriere-Sprungbrett steht in Erfurt. Das Thüringer Energie Team von Jörg Werner, gesponsert vom größten Stromanbieter des Bundeslandes, ist die Talentschmiede des deutschen Radsports.
Das Who is Who der aktuellen deutschen Elite ging dort in die Lehre: Tony Martin, Marcel Kittel, John Degenkolb. „Sie sind alle im Alter von 18 Jahren zu uns gekommen und wurden unter professionellen Bedingungen auf den Sprung in die Eliteklasse vorbereitet. Wir haben dabei auch auf berufliche Ausbildungen der Jungs geachtet“, sagte Werner, ganz nebenbei auch Manager des Trios, der Nachrichtenagentur dpa. Außerdem stand im Programm der besonderen Lehre in Erfurt „auch der Umgang mit den Medien“, der Einfluss auf das Bild in der Öffentlichkeit haben kann.
Die drei freundlichen Thüringer - Jasha Sütterlin (21) ist der nächste Energie-Fahrer, der in ein WorldTour-Team wechselt - gelten als Vertreter der „neuen Generation“ im deutschen Radsport, die mit den Doping-Gepflogenheiten der alten Garde nichts mehr zu tun haben will. Sie positionieren sich klar. Martin, Kittel und Degenkolb fordern ein Anti-Doping-Gesetz in Deutschland.
„Wir haben nach 2006 lange darüber geredet und uns gemeinsam eine Position erarbeitet. Wir stehen für glaubhaften Anti-Doping-Kampf“, erklärte Werner, der von der Präsidentschaftswahl im Weltverband UCI am Freitag ein Signal und die Abwahl des belasteten Amtsinhabers Pat McQuaid erwartet: „Ein Wandel würde dem Radsport guttun. Wir müssen die Armstrong-Historie endlich hinter uns lassen“. Werner plädiert dafür, dem einzigen McQuaid-Herausforderer Brian Cookson aus Großbritannien „eine Chance“ zu geben.
Der Manager und „Erzieher“ fuhr bis zu einem Sturz 1994 selbst - mit überschaubarem Erfolg - als Radamateur. Inzwischen ist der 41-Jährige als Manager der drei deutschen Topprofis gut im Geschäft und kann es sich erlauben, im operativen Geschäft bei seinem Continental-Team in Zukunft etwas kürzerzutreten. „Ich will die Jungs richtig kennen“, ist sein Credo.
Martin, zweifacher Weltmeister und Tour de France-Etappensieger, ist bei der Straßen-WM in Florenz heißer Medaillen-Kandidat. Die große Stunde des 28-Jährigen soll am Mittwoch im Einzelzeitfahren schlagen, in dem er als Titelverteidiger die Anwärter Fabian Cancellara und Bradley Wiggins in die Schranken weisen will.
John Degenkolb (24) spekuliert im Straßenrennen wohl eher nicht wie im Vorjahr auf Edelmetall - seine Formkurve zeigt nach unten. Er blickt in diesem Jahr zurück auf einen Etappensieg beim Giro d'Italia und den Erfolg bei den Hamburg Cyclassics. Kittel war mit vier Tagessiegen die große Entdeckung der Frankreich-Rundfahrt. Der 25-Jährige verzichtete auf einen WM-Start. Die Strecke von Lucca nach Florenz ist für viele, nur nicht für die Sprinter geeignet.