Schwimmer auf langem Weg zurück in Weltspitze
Berlin (dpa) - Neue Zeiten, geänderte Normen und Paul Biedermann mit einer modifizierten Renntaktik: Bei den deutschen Meisterschaften wollen die Beckenschwimmer nach mageren Jahren Hoffnung schöpfen für eine erfolgreiche Heim-EM in Berlin.
Freistil-Weltrekordler Biedermann stellt nach seiner Pause für neue Erfolge auf seiner Spezialstrecke dafür auch die Renntaktik um. „Die 200 Meter haben sich so entwickelt, wie es mir nicht entgegenkommt. Die 100 Meter muss ich wieder richtig lernen“, sagte Biedermann am Mittwoch in Berlin.
Deswegen schwimmt er bei der DM von Donnerstag bis Sonntag neben den 200 und 400 Metern auch die 100 Meter Freistil. Chefbundestrainer Henning Lambertz begrüßte, dass Biedermann an der Grundschnelligkeit arbeitet, um sich damit neue taktische Möglichkeiten zu eröffnen. Bislang hatte sich Biedermann oft auf seine starke letzte Bahn verlassen.
Lambertz war bereits vor seinem Amtsantritt klar, dass er einen langen Atem haben muss. Für die bitter nötigen Reformen rechnete er gleich mit zwei Olympiaden. Bis zu den Spielen 2020 würde es dauern, die Deutschen wieder in der Weltspitze zu etablieren. Nun ist Lambertz ein gutes Jahr im Amt und setzt eine seiner Maßnahmen um. Für das Ticket zur Heim-EM (13. bis 24. August) in der Hauptstadt müssen die Athleten nicht wie bisher einmal, sondern gleich viermal die notwendigen Normzeiten unterbieten.
„Gerade in der jüngsten Vergangenheit waren wir eher schlecht, was die Ergebnisse bei internationalen Topevents anging, das muss man offen und ehrlich sagen. Wir haben die Verpflichtung, deutlich besser zu werden“, begründete Lambertz den neuen Modus. Nun müssen bei der DM und beim Überprüfungs-Wettkampf in Essen im Juli sowohl in Vorläufen als auch den Finals Zeiten unterboten werden. Bisher war das nur einmal im DM-Finale erforderlich, und das wurde zunehmend zum Problem: Viele Schwimmer trainierten speziell auf die DM hin, schafften dort die manchmal harten, zuletzt eher weicheren Normen und konnten diese Leistungen Monate später nicht wiederholen. Olympia 2012 ohne Medaille im Becken und nur einmal WM-Silber durch Brustschwimmer Marco Koch ein Jahr später waren das Resultat.
Positiv bis abwartend äußerten sich die Athleten zum neuen Qualifikations-Modus, der abrückt von harten Zeiten, die bisher einmal erreicht werden mussten. „Man muss abwarten, ob diese Lösung passt“, sagte Paul Biedermann im dpa-Interview. Für ihn wie auch für Koch oder dem WM- und Olympia-Vierten Steffen Deibler dürften die Zeiten kein Problem darstellen.
Das Trio unterbot bereits die Normen in Vorbereitungswettkämpfen teils aus dem Training heraus. Während Biedermann bei der DM schon eine Topleistung anpeilt, hat sich Deibler nicht speziell auf die DM vorbereitet. Vor einem Jahr schwamm er in Berlin Weltjahresbestzeit, konnte das bei der WM dann trotz eines starken Auftritts nicht wiederholen. Sein Bruder Markus trainierte nach Jahren endlich wieder einmal ohne gesundheitsbedingte Pausen durch. Seine Leistung könnte bei der EM ebenso konkurrenzfähig sein wie die von Kurzbahn-Europameister Philip Heintz.