Segel-Olympiasieger Schümann: Einer wie „Kaiser Franz“
Penzberg (dpa) - Jochen Schümann kommt derzeit aus dem Feiern gar nicht mehr heraus. Gerade erst wurde Deutschlands erfolgreichster Segler für seine sportliche Lebensleistung mit der Goldenen Sportpyramide der Sporthilfe ausgezeichnet.
Vor ihm war diese Ehrung so prominenten Sportlern wie Willy Bogner (2013), Katharina Witt (2010), Steffi Graf (2008), Franz Beckenbauer (2006) oder Uwe Seeler (2002) zuteilgeworden.
Am Sonntag (8. Juni) steht Schümann schon wieder im Mittelpunkt - er wird 60. Doch der Segler nennt seinen Ehrentag in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa „kein Weltereignis“. Noch immer ist er im Geschäft, gilt als graue Eminenz seiner Sportart in Deutschland. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Die Erfahrung und die Urteile des gebürtigen Berliners, der als Schüler über eine AG eher zufällig zum Segelsport kam, bleiben gefragt. So etwa mit Blick auf das gerade veröffentlichte Basisregelwerk zum 35. America's Cup 2017.
„So schlimm wie die Amerikaner jetzt hat es noch nie einer mit dem Cup getrieben“, wetterte Schümann über die Gestaltung des sogenannten Protokolls. Schümann kritisiert die Einseitigkeit der Regeln zugunsten der amerikanischen Verteidiger. Oder den noch fehlenden Austragungsort und die direkte Einflussnahme auf die Ausscheidungsregatten der Herausforderer.
Dennoch hat Schümann die Hoffnung auf eine mittelfristige deutsche Cup-Teilnahme nicht aufgegeben. „Wir arbeiten mit der Konzeptwerft in Hamburg daran. Unser Ziel ist es weiterhin, dass sich Deutschland an einem solchen Leutturm-Projekt beteiligt.“ Schümann ist überzeugt, dass Deutschlands Segler, Industrie und Medien ein solches Projekt bräuchten und auch stemmen könnten. Dazu jedoch seien aus seiner Sicht olympische Erfolge und Medaillen deutscher Segler unverzichtbar. Dafür arbeitet das von Schümann mitgegründete Sailing Team Germany in Kooperation mit dem Deutschen Segler-Verband am Wiederaufstieg deutscher Olympiasegler in die Weltspitze.
Der 1,90 Meter große Modellathlet, der heute keine Gewichte mehr stemmt, sondern auf Yoga und Wirbelsäulengymnastik setzt, würde wenig in seinem Leben anders machen, wenn er es noch einmal von vorn beginnen würde. „Aber ich wüsste heute, wie ich in Sydney Gold gewinnen würde“, so Schümann, den der verpasste Olympiasieg 2000 um den Thron des olympischen Segelsports gebracht hat. Mit einer vierten Goldmedaille wäre er damals zum erfolgreichsten Olympiasegler der Geschichte aufgestiegen. Die gegen den Dänen Jesper Bank erlittene Niederlage schmerzt ihn noch immer.
Seine drei Goldmedaillen hat er zuhause in seiner Wahlheimat Penzberg in der Sockenschublade verstaut. Die Silberne aber, so Schümann, läge nicht dabei. Dafür erinnert eine silberne 15 Zentimeter große America's-Cup-Replik im Wohnzimmer an die ersten und einzigen Cup-Siege eines deutschen Seglers bis heute.