„Wahnsinn“ Ehemaliger College-Boy Hanfmann erlebt Tennis-Märchen

München (dpa) - Über seine Schwergehörigkeit kann Tennis-Newcomer Yannick Hanfmann scherzen. „Auf dem Tennisplatz ist es eher positiv, weil ich nicht alles höre, was draußen geredet wird“, sagte der 25-jährige Karlsruher lächelnd nach seinem völlig überraschenden Einzug ins Viertelfinale der BMW Open in München.

An Schule und College musste Hanfmann, der von Geburt an schwerhörig ist, ein Hörgerät benutzen. Da habe ihn das ganze „mehr behindert“. Großes Aufheben auf der Tour macht Hanfmann darum nicht. „Ich sage es den Schiedsrichtern, die relativ leise reden“, bemerkte er. Dass er in der Qualifikation an der Isar einmal den Ruf des Schiedsrichters nicht gehört habe, erzählt Hanfmann als Anekdote zum Schmunzeln.

Die Nummer 273 der Welt erlebt beim mit 540 310 Euro dotierten Sandplatz-Turnier ihr persönliches Tennis-Märchen. Erst der Premierensieg auf der ATP-Tour in der ersten Runde gegen Gerald Melzer aus Österreich, nun die starke Vorstellung beim 7:6 (7:5), 4:6, 7:5 gegen den an Nummer acht gesetzten Thomaz Bellucci.

„Es ist ein bisschen surreal, hier auf der Pressekonferenz zu sitzen. Nach dem Matchball war das alles Wahnsinn“, räumte Hanfmann wenige Minuten nach seinem zweiten Erfolg in München ein. „Bellucci auf Sand zu schlagen, da muss ich schon ein gutes Match geliefert haben. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so gut über drei Sätze gespielt zu haben“, sagte Hanfmann.

„Ich bin hierhergekommen und habe mich einfach gefreut, dass ich die Quali spielen darf“, erzählte der Sohn eines Arztes und einer Lehrerin. „Als ich mich qualifiziert hatte, hat sich ein bisschen was verändert, weil ich auf dem Center Court gespielt habe und nur noch Tennis gespielt habe. Ich habe gar nicht mehr an etwas anderes gedacht.“ Auf einmal sei er „im Tunnel“ gewesen.

Vier Jahre war Hanfmann an der University of Southern California, hatte für das renommierte US-College ein 90-Prozent-Stipendium. 2015 machte Hanfmann dort seinen Abschluss und wechselte nach München. An der Tennisbase Oberhaching trainiert der ehemalige College-Boy nun unter Lars Uebel. Es gelte für Hanfmann, sich „kontinuierlich in der Rangliste zu verbessern“, hatte Uebel im vergangenen Jahr als Ziel ausgegeben.

„Ich sehe mich nicht als Veteran, ich bin zwei Jahre auf der Tour, immer noch in einer positiven Entwicklung und denke, da geht auch noch ein bisschen was“, sagte Hanfmann, der „eine gewisse Matchhärte“ auf dem College gelernt hat. „Seit diesem Jahr weiß ich mehr, was ich auf dem Platz machen muss“, beschrieb Hanfmann, dessen ältere Schwester Profitänzerin ist, seine jüngste Entwicklung. Vielleicht dauert sein Märchen in München ja noch etwas an.