Erst Sinner, jetzt Swiatek Nächster Dopingfall im Tennis: „Darf kein Geschmäckle geben“

Berlin · Nach Jannik Sinner kämpft auch Iga Swiatek mit den Folgen eines positiven Dopingtests. In der Kritik steht zudem das Anti-Doping-System im Tennis. Wie steht es um die Gleichbehandlung und Transparenz?

Nächster Dopingfall im Tennis: „Darf kein Geschmäckle geben“
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Nach dem zweiten prominenten Dopingfall kämpft der Tennissport um seine Glaubwürdigkeit. Die einmonatige Sperre für die polnische Weltranglisten-Zweite Iga Swiatek ruft genau wie zuvor der Fall von Italiens Tennisstar Jannik Sinner Zweifel an der Gleichbehandlung und der Transparenz hervor.

„Die Ausrede, die wir alle benutzen können, ist, dass wir es nicht wussten. Einfach nicht wussten“, schrieb der australische Tennisspieler Nick Kyrgios auf der Plattform X: „Profisportler auf höchstem Niveau können jetzt einfach sagen: "Wir wussten es nicht".“

Auf die Frage eines Tennis-Portals nach der kühnsten Prognose für die Tennissaison 2025 antwortete Kyrgios sarkastisch: „Dass unsere Weltranglistenersten bei Dopingtests nicht durchfallen.“

WTA steht Swiatek bei

Swiatek war bei ihrer positiven Dopingprobe vom 12. August ebenso wie Sinner, der im März zweimal positiv auf das anabole Steroid Clostebol getestet wurde, die Nummer eins der Tenniswelt. Sinner wurde von der International Tennis Integrity Agency (Itia) freigesprochen, weil ihm laut der Untersuchungskommission kein vorsätzliches Verschulden nachgewiesen werden konnte. Swiatek akzeptierte eine Sperre von einem Monat.

Das Verfahren bestätige aber ihre Unschuld, sagte sie in einem Instagram-Video. Die Profivereinigung WTA sprach in einem Statement von einem „bedauerlichen Vorfall“ und sicherte der Topspielerin die volle Unterstützung zu. Swiatek habe „stets ein starkes Engagement für Fairplay und die Einhaltung der Grundsätze des sauberen Sports gezeigt“.

Bei der fünfmaligen Grand-Slam-Turniergewinnerin wurde bei einer Trainingskontrolle die verbotene Substanz Trimetazidin in einer geringen Menge nachgewiesen. Die 23-Jährige nahm nach eigener Aussage ein nicht verschreibungspflichtiges Medikament gegen die Folgen von Jetlag ein. Die Verunreinigung dieses Medikaments habe zum positiven Testergebnis geführt. Die Ermittler stuften die Aussagen der Polin als glaubwürdig ein und werteten es als nicht schwerwiegenden Fall.

„Böse Absicht“ oder „auf der Grundlage von Fakten“?

Das Urteil löste vor allem bei Simona Halep großes Unverständnis aus. „Ich stehe hier und frage mich: Warum gibt es so einen großen Unterschied in Behandlung und Urteil?“, schrieb die Rumänin auf Instagram. Die zweimalige Grand-Slam-Turniergewinnerin vermutet eine „böse Absicht“ bei der Itia.

Halep war 2023 wegen einer positiven Dopingprobe und Unregelmäßigkeiten im Athletenpass von der Kommission für vier Jahre gesperrt worden. Ihrer Argumentation, dass der positive Test aus dem Verzehr eines kontaminierten Nahrungsergänzungsmittels resultierte, folgte erst später der internationale Sportgerichtshof Cas. Die Sperre wurde auf neun Monate verkürzt.

Auch bei Sinner gab es kritische Stimmen, dass die Untersuchungskommission nicht immer mit dem gleichen Maß agiere. Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada legte bei Sinner Einspruch ein und brachte den Fall vor den Cas. Derzeit prüft die Wada, ob sie das auch im Fall von Swiatek tut. „Wir behandeln jeden Fall auf der Grundlage von Fakten und Beweisen, nicht des Namens, der Rangliste oder der Nationalität eines Spielers“, wehrte sich die Itia auf dpa-Anfrage gegen die Vorwürfe.

Fans werden belogen

Und was ist mit der Glaubwürdigkeit? Swiateks Absage Anfang Oktober für das Masters-1000-Turnier in China wurde den Fans offiziell damit erklärt, dass sie sich eine Auszeit für Veränderungen in ihrem Team nehme. In Wirklichkeit war es eines von drei Turnieren, bei denen Swiatek wegen der Suspendierung nicht teilnehmen durfte. Von welcher Seite auch immer es kam: Die Fans wurden belogen.

Ungeachtet der Schuldfrage zeichne die Vorgehensweise „ein schreckliches Bild für den Sport“, kommentierte der portugiesische Tennis-Journalist José Morgado auf X. „Tennis hat ein Doping-Problem“, schrieb die britische Zeitung „The i“: „Der Tennissport kann nicht erwarten, dass die breite Öffentlichkeit ihn ernst nimmt, wenn er sein wichtigstes Geschäft - denn in der Integrität des Sports ist nichts wichtiger als Anti-Doping - im Dunkeln betreibt, bevor er es der Welt als vollendete Tatsache präsentiert.“

Präsident Dietloff von Arnim vom Deutschen Tennisbund zeigt Verständnis für die Aufregung. „Wir müssen uns dieser Kritik stellen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Von Arnim forderte mehr Transparenz im Anti-Doping-Kampf, „da darf es auch kein Geschmäckle geben, dass eventuell mit zweierlei Maß gemessen wird“.

Die Itia rechtfertigte das Vorgehen. Da Sinner und Swiatek innerhalb von zehn Tagen erfolgreich Berufung gegen die vorläufige Sperre eingelegt hätten, seien die Suspendierungen gemäß den Anti-Doping-Regeln im Tennis nicht veröffentlicht worden.

© dpa-infocom, dpa:241129-930-302774/3

(dpa)