Überragender Boll führt DTTB-Herren ins Wunschfinale
Tokio (dpa) - Neues Spiel, neues Glück: Unverdrossen, mit einer gehörigen Portion Zuversicht und einem Timo Boll in Superform nehmen Deutschlands Tischtennis-Herren den dritten Anlauf in Serie, um Chinas Asse vom WM-Thron stürzen.
Der schwer erkämpfte 3:1-Erfolg gegen WM-Gastgeber Japan machte in einem Klassematch das Traumfinale perfekt. Die Partie lieferte aber nur einen kleinen Vorgeschmack auf den Showdown im Yoyogi-Gymnasium in Tokio. Dort ist am Montag der 18-malige Champion China der Favorit, der viermalige WM-Zweite Deutschland aber nicht chancenlos.
„Wir haben Respekt, aber keine Angst“, stellte Ausnahmekönner Boll nach seiner Galashow gegen Japan fest. Er war bereits 2004, 2008 und 2012 in den WM-Endspielen gegen China dabei. „Das ist mein viertes Finale, aber so ein gutes Team hatten wir noch nie“, erklärte der Rekord-Europameister. „Wir sind zwar Außenseiter, warum soll aber nicht eine Überraschung möglich sein“, richtete auch der amtierende Europameister Ovtcharov aus Hameln eine kleine Kampfansage an die Chinesen, die ihr Halbfinale locker mit 3:0 gegen Taiwan gewannen.
„Das war ein großes Halbfinale und wir haben es gegen einen Gegner auf Augenhöhe gewonnen. Gegen China müssen alle diese Form bestätigen“, kommentierte Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig die fünfte Endspielteilnahme der Herren des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB). Sie bedeutete zugleich die 50. WM-Medaile für Deutschland seit 1926. „Riesenkompliment an Timo Boll. Ich habe ihn noch nie so stark gesehen“, lobte DTTB-Präsident Thomas Weikert den viel umjubelten Matchwinner.
„Das war für mich ein Spiel aus einem Guss“, kommentierte Boll seine Siege gegen Japans Spitzenspieler Koki Niwa vom Bundesligisten Frickenhausen und Jun Mizutani. „Ich habe nicht so sehr mit Schlaghärte gearbeitet, sondern auf Taktik gesetzt.“ Den wichtigen dritten Punkt steuerte vor mehr als 6000 japanischen Fans Patrick Franziska aus Fulda gegen den in der Weltrangliste 20 Plätze besser eingestuften Kenta Matsudaira bei.
„Franziska hat seine Chance genutzt. Er hat dem Druck standgehalten. Dafür stellen wir ihn auch an Position drei auf“, kommentierte Bundestrainer Jörg Roßkopf ziemlich nüchtern die Klasse-Partie. Boll und Franziska, der am Vortag auch beim 3:0 im Viertelfinale gegen Singapur gepunktet hatte, sind in Tokio noch unbesiegt.
Dagegen erlitt Ovtcharov in einer Neuauflage des German-Open-Finales in Magdeburg gegen Mizutani bereits seine zweite Niederlage im Turnier. „Ich hatte im vierten Satz eine Konzentrationslücke“, erläuterte „Dima“ seinen Durchhänger. „Wir sind aber ein Team und haben als Team gewonnen“, fügte der Olympia-Dritte hinzu.
Als gutes Team traten auch die DTTB-Damen trotz des 0:3 im Viertelfinale gegen Hongkong auf. Ohne die EM-Zweite Shan Xiaona und ohne die EM-Dritte Han Ying - beide sind bei WM-Turnieren nicht spielberechtigt - entspricht der geteilte fünfte Rang für das Team von Bundestrainerin Jie Schöpp der Zielsetzung. Die ehrgeizige Irene Ivancan hätte aber gerne eine Medaille gehabt. „Ich habe meine Rolle nicht erfüllt und bin traurig darüber, nicht die fast sichere Bank gewesen zu sein“, haderte die Berlinerin.