Bobchef Langen erleichtert: „An den richtigen Schrauben gedreht“
Calgary (dpa) - Endlich sieht man wieder die Siegerfaust statt hängender Köpfe. Zehn Monate nach der Schmach von Sotschi haben die deutschen Bobfahrer ihre Weltklasse-Qualitäten nachgewiesen. Und das ausgerechnet auf der schwierigen Bahn in Lake Placid.
„Wir haben mit dem Team gerade speziell auf dieser Bahn bewiesen, dass wir es in die Weltspitze zurück geschafft haben. Wenn jetzt alle noch mal ein Update in der Technik bekommen, dann geht es weiter nach vorne, und wir sind ganz gut aufgestellt“, sagte Chefrainer Christoph Langen und sprach von einem „Befreiungsschlag“.
„Wir haben auf der Bahn gezeigt, dass wir voll konkurrenzfähig sind, wir haben das auch am Start gezeigt, und nun gilt es, das über die nächsten Monate auszubauen. Ende Februar bei der WM in Winterberg wollen wir unser ganzes Potenzial abrufen“, meinte Langen vor der zweiten Weltcup-Station am Wochenende in Calgary. Probleme bereitete der Kälteeinbruch in Kanada. So waren die Bobs nicht rechtzeitig aus Lake Placid da; der Weltverband strich daher das erste Training auf der Olympia-Bahn von 1988.
Nach Monaten des Aufarbeitens, der Analysen und vieler Gespräche ist der zweimalige Olympiasieger Langen froh, endlich wieder an der Bahn zu stehen und zu zeigen: Wir haben im Sommer gut gearbeitet, die Hausaufgaben gemacht und vor allem aus dem Dämpfer in Sotschi gelernt. „Das Kompetenzteam, was wir gegründet haben, greift langsam. Die Kommunikation ist wesentlich besser geworden innerhalb des großen Verbandes, der mit seinen ganzen Stützpunkten über ganz Deutschland verteilt ist. Ich glaube auch, wir sind viel näher zusammengerückt und haben an den richtigen Schrauben gedreht.“
Das spüren auch die Athleten, die laut Langen im vergangenen Winter „oft nur von den Fehlern der anderen profitieren konnten, das geht natürlich an die Motivation“. Doch die spezifischen an Weltklassenormen orientierten Sommer-Trainingsprogramme greifen. Auch wenn etablierte Piloten wie Thomas Florschütz und Manuel Machata sowie die ehemalige Weltmeisterin Cathleen Martini dadurch vorerst ausgebremst wurden. Sie erhalten am 30./31. Dezember bei den deutschen Meisterschaften auf der WM-Bahn in Winterberg neue Chancen.
Die historische Pleite von Sotschi war für Langen eine schmerzvolle und neue Erfahrung, irgendwie aber auch heilsam. „Nach so vielen Jahrzehnten nur immer ganz oben, da schleifen sich auch Strukturen ein, die nicht immer effektiv sind. Da gibt es dann auch einmal einen Dämpfer“, sagte er. „Und es war ein großer Dämpfer. Da konnten wir zusammen dann etwas aufräumen und umstrukturieren.“ Der einstige Weltklassepilot gilt manchmal auch als Sturkopf. „Ich bin ein sehr selbstkritischer Mensch, der sich praktisch nach jedem Rennen hinterfragt. Die Kritik war teilweise berechtigt, teilweise nicht. Ich kann gut austeilen, aber auch gut einstecken.“