Nach Debakel in Zagreb Ski alpin: Slalom-Ernüchterung vor Januar-Highlights
Zagreb (dpa) - Diese Slalom-Abfuhr hat dem deutschen Ski-Team die Vorfreude auf die anstehenden Klassikerwochen und den Countdown auf Olympia erstmal vermasselt.
Mit dem schlechtesten Abschneiden in einem Torlauf seit fast sechs Jahren wurde in Zagreb deutlich, wo die Truppe ohne den wegen einer Kreuzband-OP fehlenden Erfolgsgaranten Felix Neureuther steht. „An das wird man sich gewöhnen können, dass wir ohne unsere Top-Leute von der absoluten Weltspitze weit weg sind“, resümierte Alpin-Chef Wolfgang Maier in Kroatien schonungslos.
Der routinierte Sportdirektor war bedient von dem Donnerstagabend auf dem Bärenberg, der noch wesentlich frustrierender verlief als der schon nicht zufriedenstellende Auftritt der Damen am Dienstag. Linus Straßer als einziger und bester Deutscher auf Platz 27 - noch schlechter waren die DSV-Techniker in einem Slalom zuletzt im Januar 2012 in Schladming, als es gar keiner in den Punkten landete.
Im ersten Frust stellte Maier existenzielle Fragen. „Eigentlich muss man wieder mit einem Neuaufbau anfangen, mit Leuten für die nächsten drei, vier Jahre. Da musst du jetzt durch“, meinte der erfahrene Funktionär. Dass das Team die anstehenden Slaloms im Januar, unter anderem in Wengen, Kitzbühel und Schladming, nach dieser Blamage schon abgeschrieben hat, das würde niemand öffentlich behaupten.
Hoffnung auf kurzfristige Besserung war den Verantwortlichen im Verband nach Zagreb, wo der Österreicher Marcel Hirscher seinen 50. Weltcup-Sieg feierte, aber zunächst nicht anzumerken. „Hoffen ist eine doofe Aktion, das bringt nichts“, sagte Maier. „Du kannst nur schauen, einigermaßen weiterzumachen, dich von dem Ergebnis nicht komplett aus dem Konzept bringen lassen und den Kopf hochnehmen.“
Die Zeiten mit regelmäßigen Top-Ten- oder sogar Top-Fünf-Plätzen sind ohne Neureuther - und das ebenfalls am Kreuzband verletzte Riesenslalom-Ass Stefan Luitz - vorerst vorbei. „Wir müssen uns neu formieren und deutlich kleinere Brötchen backen“, meinte Maier. „Keiner braucht erwarten, dass es von null auf hundert weitergeht. Wir haben zu viel Aderlass gehabt.“ Dass Fritz Dopfer nach einem Jahr Verletzungspause wegen eines Unterschenkelbruchs zwar wieder Rennen fährt, physisch wie psychisch aber noch weit entfernt ist von einer Podestform, kommt in dieser Situation erschwerend hinzu.
„Ich finde, dass er gar nicht so schlecht gefahren ist“, meinte Herren-Bundestrainer Mathias Berthold über den WM-Zweiten von 2015, der in Zagreb im zweiten Lauf einfädelte. Die Mankos von Dopfer will der Coach aber freilich nicht verschweigen. „Er muss die Sicherheit bekommen, dass er ordentlich Slalom fahren kann.“ Auch wegen des Trainingsrückstands seines sensiblen Schützlings warb Berthold um mehr Zeit: „Da muss man geduldig sein. Ich bin geduldig.“
Dopfer und Straßer sind nach den Ausfällen im Team zu Technik-Leadern wider Willen aufgestiegen. Vor allem um Straßer macht man sich aber Sorgen im DSV - der Münchner kann sein Potenziel, das er mit Rang drei im City-Event von Oslo aufzeigte, in den Spezial-Slaloms nicht auf die Ski bringen. Und langsam wird für den 25-Jährigen die Zeit knapp, um sich noch für Olympia in Südkorea zu qualifizieren.
Immerhin sollen die Rennen in Adelboden am Samstag und Sonntag stattfinden können, obwohl die Zufahrtsstraße nach einem Erdrutsch am Donnerstag stark beschädigt worden war. Die nächste Chance, es besser zu machen, kommt für die deutschen Technik-Herren also schnell.