Texthelden Lasst uns über Gott und die Welt reden!

Wuppertal · „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“, fragte Grechen einst Goethes Faust. Rückwirkend betrachtet wohl eine etwas eigenartige Frage beim ersten Date.

Scheut euch nicht davor, in die Diskussion mit Leuten zu gehen, die anders denken.

Scheut euch nicht davor, in die Diskussion mit Leuten zu gehen, die anders denken.

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Aber Doktor Faust wusste, die Antwort könnte entscheidend sein. Für Gretchen nämlich ist der Gottesglaube fundamental. Ihre Weltanschauung, ja ihr ganzes Leben ist nach den christlichen Werten ausgerichtet. Kein Wunder also, dass Faust ihr darauf erst einmal keine -direkte Antwort lieferte. Noch wenige Tage zuvor hatte er erst der Religion abgeschworen und einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.

Was lernen wir daraus? Es klingt beinahe so, als ob man besser nicht öffentlich über Religion sprechen sollte. Denn entweder vergrault man damit sein Gegenüber oder läuft Gefahr, das Gespräch in eine bitterböse Richtung zu lenken. Und was passieren kann, wenn man Religion obendrein mit Politik vermischt, konnte man kürzlich am Fallbeispiel Markus Söder sehen: Der bayerische Ministerpräsident ließ in allen öffentlichen Amtsgebäuden des Freistaates ein Kreuz anbringen – was bei der Katholischen Kirche gar nicht gut ankam. Der Vorwurf: Die bayerische Staatsregierung würde den Glauben für politische Zwecke missbrauchen.

Da stimme ich überein. Kein Staat sollte den Glauben für seine machtpolitischen Ideologien benutzen, noch sollte irgendjemand versuchen, seine religiösen Ansichten anderen aufzuzwängen. Wenn öffentliche Gebäude, wie Schulen oder Turnhallen, mit religiösen Symbolen geschmückt werden, dann kann das den Teil der Bevölkerung ausschließen, der sich davon eben nicht angesprochen, sondern eher abgestoßen fühlt.

Dennoch muss niemand mit seinem Glauben hinterm Berg halten: Religion hat sehr wohl einen Platz in unserer Gesellschaft verdient – egal ob in Form einer Kirche, Synagoge oder Moschee; egal ob Kreuz, Kippa oder Kopftuch. Und selbst wenn man sich keiner Religion zugehörig fühlt, so ist das ein gutes Recht. Auch so herum lässt sich die Religionsfreiheit verstehen.

Deshalb, macht es anders als Faust: Sprecht miteinander über Gott und die Welt! Auch wenn das Gespräch vielleicht an manchen Ecken unangenehm werden könnte, ihr vielleicht mit eurer Haltung aneckt oder in Fettnäpfchen tretet. So glaube ich, dass ein offener, respektvoller und ehrlicher Austausch über Religion immer noch besser ist als gar keiner.

Ob es direkt beim ersten Date sein muss, könnt ihr immer noch selbst entscheiden.