Analyse: AfD-Machtkampf hinter verschlossenen Türen
Berlin (dpa) - Ausgerechnet Kassel: Erst im Februar dieses Jahres war AfD-Vize Beatrix von Storch dort mit einer Torte beworfen worden.
Im November 2015 konnte der AfD-Bundesparteitag nicht wie geplant stattfinden, denn ein Hotel stornierte kurzfristig die Buchungen für AfD-Delegierte. Jetzt doch wieder nach Nordhessen: Am Sonntag trifft sich dort der Konvent, eine Art Kleiner Parteitag mit rund 50 Mitgliedern aus Bundes- und Landesvorständen.
Es könnte turbulent werden, und wichtig. Denn es geht um die Zukunft der rechtspopulistischen Partei - das allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Journalisten sind nicht erwünscht am Tagungsort. Wichtigster Programmpunkt: „Beratung und Beschlussfassung über die Einberufung eines außerordentlichen Bundesparteitages mit den Tagesordnungspunkten "Abwahl des Bundesvorstandes" und "Neuwahl des Bundesvorstandes".“
Folgt auf das Treffen in Kassel also schon im Herbst ein Sonderparteitag mit Neuwahl des Vorstands? Das könnte der Konvent mit einfacher Mehrheit beschließen. AfD-Größen wie Alexander Gauland und Björn Höcke haben klar dagegen argumentiert. Aber die umstrittene Vorsitzende Frauke Petry schweigt bisher.
Der Machtkampf in der Partei hatte in den letzten Wochen eine kleine Sommerpause eingelegt, aber die ist nun vorbei. Gut ein Jahr vor der Bundestagswahl geht es auch darum, wer die AfD als Spitzenkandidat in den Wahlkampf führt.
Trotz aller innerparteilichen Streitereien dürfte die AfD den Sprung in den Bundestag schaffen - vielleicht sogar zweistellig. Der Flüchtlingszuzug und die Terrorangst beflügeln die Rechtspopulisten, da mögen sie streiten so viel sie wollen. Am 4. September steht bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern sogar ein Ergebnis um die 20 Prozent in Aussicht.
Grund zum Jubeln gibt es trotzdem nicht - ein kurzer Blick zurück: Anfang Juli waren die beiden Co-Vorsitzenden Petry und Jörg Meuthen mächtig aneinandergeraten. Meuthen führte seine baden-württembergische Landtagsfraktion in die Spaltung, weil er den antisemitischer Positionen beschuldigten Wolfgang Gedeon nicht zum Verlassen der Fraktion bewegen konnte. Dann mischte sich Petry ungebeten ein, Gedeon ging doch, und Meuthen war brüskiert.
Seitdem gilt das Verhältnis der beiden als zerrüttet. Meuthen hat viel Unterstützung im Bundesvorstand, etwa beim brandenburgischen Vorsitzenden Gauland, aber Petry hat die Sympathien der Parteibasis. Wenn, dann könnte sie von einem Sonderparteitag und von Neuwahlen des Vorstands profitieren. Darum geht es in Kassel.
Vor wenigen Tagen schickte Meuthen Versöhnungssignale: „Der Streit
muss ein Ende haben“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Frauke Petry und ich sind klug genug, um zu wissen: Auch wenn wir in einigen Punkten nicht übereinstimmen, so müssen wir uns doch zusammenraufen.“
Höcke, der Rechtsaußen der Partei, verband seinen Aufruf zur Geschlossenheit sogar mit einem vaterländischen Appell: „In der Situation, in der sich unser Land befindet, zählt jeder Tag. Es wäre eine Schande, wenn die einzige relevante patriotische Kraft in Deutschland sich monatelang mit sich selbst beschäftigen sollte.“