Analyse: Arbeit ist der beste Schlüssel zur Integration

Berlin/Bingen (dpa) - Arbeit ist der beste Schlüssel zur Integration - dieser Ansicht ist nicht nur der neue Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise.

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Er weiß, wovon er redet: Weise leitet die Bundesagentur für Arbeit. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles nennt die Integration von Zuwanderern eine „große Aufgabe“. „Als Gesellschaft müssen wir uns noch mehr anstrengen, Migranten gut in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, sagt die SPD-Politikerin. Die Politik unterstütze beim Deutschlernen, der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und der Qualifizierung. Viele Unternehmen leisteten einen vorbildlichen Beitrag - aber die Wirtschaft könne noch mehr auf junge Migranten setzen, meint sie.

Fabiana Reichmann ist ein Beispiel für gelungene Integration. Die gebürtige Brasilianerin arbeitet seit zwölf Jahren bei dem Magnetschmuck-Hersteller Energetix in Bingen. Die Diplom-Übersetzerin leitet die Kundenbetreuung. „Wir telefonieren mit der ganzen Welt, wir schreiben mit der ganzen Welt“, sagt sie. Energetix-Chef Roland Förster, der rund 1600 Produkte anbietet und an Händler - meist selbst Kunden und meist weiblich - verkauft, ist international ausgerichtet. Er verkauft in Europa, der Türkei, der Mongolei, den USA, Australien und Mittelamerika. Von den 83 Mitarbeitern haben zwölf ausländische Wurzeln. Nahles besucht das Unternehmen, das auch eine hohe Frauenquote hat, an diesem Freitag.

Neun von zehn Unternehmen in Deutschland haben Erfahrungen mit mittel oder hoch qualifizierten ausländischen Beschäftigten gemacht. Das geht aus dem IHK-Unternehmensbarometer zur Integration vom Mai 2015 hervor, für das 1866 Unternehmen aller Branchen befragt wurden. Vor vier Jahren hatten erst rund drei Viertel solche Erfahrungen gemacht. Die Integration gelingt aus Sicht der Firmen zunehmend besser, dabei wird die Entwicklung geringer qualifizierter Mitarbeiter kritischer gesehen. Größere Unternehmen engagieren sich stärker für die Integration ausländischer Arbeitskräfte als kleinere. Allen gemeinsam ist, dass sie die deutsche Sprache als wichtigstes Instrument sehen.

Der weltgrößte Chemiekonzern BASF nimmt auch Flüchtlinge in den Blick. Seit Ende 2014 unterstützt die BASF in der Metropolregion Rhein-Neckar nach eigenen Angaben mehr als 20 Projekte zur Integration von Flüchtlingen - mit Integrationsprogrammen für Familien, Sprachkursen und Theater- oder Handwerksprojekten. Für Jugendliche, die besondere Unterstützung brauchen - auch solche mit ausländischen Wurzeln -, bietet sie besondere Startprogramme an. „Darüber hinaus ist zurzeit in Prüfung, wie wir beispielsweise unsere Startprogramme ausgestalten können, um Flüchtlingen eine konkrete Perspektive bei der Integration in den Arbeitsmarkt zu bieten“, betont eine BASF-Sprecherin in Ludwigshafen.

„Der zunehmende Zuzug von Asylbewerbern und Flüchtlingen stellt auch die Bundesagentur für Arbeit vor große Herausforderungen“, sagt die Sprecherin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/Saarland, Christine Lauer, in Saarbrücken. Im vergangenen Jahr startete zum Beispiel in den Agenturen Augsburg, Bremen-Bremerhaven, Dresden, Freiburg, Hamburg und Köln das Programm „Early Intervention“ („frühe Vermittlung“). 2015 kamen Ludwigshafen, Berlin-Süd und Hannover dazu. In dem gemeinsamen Projekt der Arbeitsagenturen, dem Bundesamt für Migration und der EU soll früh erkannt werden, ob Asylbewerber passend für bestimmte Jobs sind. In einigen Erstaufnahmestellen wie etwa in Lebach im Saarland oder in Trier in Rheinland-Pfalz ist die Arbeitsagentur vor Ort, um Asylbewerber zu beraten.

Fabiana Reichmann ist schon lange angekommen in Deutschland und in dem Unternehmen, für das sie arbeitet. Doch es ist auch für sie nach so vielen Jahren nicht selbstverständlich, was sie macht: „Für mich ist das immer noch etwas Besonderes“, meint die gebürtige Brasilianerin.