Analyse: Deutsche Rolle bei Friedensbemühungen
Kairo (dpa) - Die Nachricht von der angeblich direkt anstehenden Waffenruhe im Gaza-Konflikt erreicht Guido Westerwelle dort, wo sich ein Außenminister zwangsläufig sehr häufig aufhält: am Flughafen.
Mit seiner Regierungsmaschine, der alten „Konrad Adenauer“, ist Westerwelle gerade in Kairo gelandet. Er kommt aus Tel Aviv. Vom Luftalarm zum vermeintlichen Ende der Gewalt - die Spannungsbreite war an diesem Dienstag ziemlich groß. Und der Tag hatte noch eine Enttäuschung parat: Mit der schnellen Feuerpause wurde es nichts. Eine Einigung mit Israel auf ein Ende der Gewalt werde es zumindest am Dienstag nicht geben, widersprach die Hamas am Abend entsprechenden Äußerungen des ägyptischen Präsident Mohammed Mursi.
Zur Mittagszeit heulten in Jerusalem die Sirenen - Luftalarm, wegen einer Rakete, die aus dem von der radikal-islamischen Hamas beherrschten Gazastreifen abgefeuert wurde. Die Rakete landet außerhalb, ohne dass sie großen Schaden anrichtet. Aber so bekommt Westerwelle doch noch einen einigermaßen direkten Eindruck davon, was der Gaza-Konflikt für die Menschen in Israel bedeutet. Im Luxushotel „King David“ bringen ihn die Leibwächter in ein fensterloses Treppenhaus. Nach wenigen Minuten darf er wieder ins Zimmer zurück. Mehr ist aber auch nicht.
Das „King David“ mit seiner langen Tradition an Staatsgästen ist dieser Tage so voll wie schon lange nicht mehr. Am Dienstag geben sich Westerwelle, US-Außenministerin Hillary Clinton und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon praktisch die Klinke in die Hand. Wegen des Gaza-Konflikts gehört Jerusalem wieder einmal zu den Top-Reisezielen der internationalen Diplomatie. Mit großem Nachdruck wird versucht, Israelis und militante Palästinenser zu einem Waffenstillstand zu bewegen - oder zumindest zu einer Feuerpause, die länger als wenige Stunden hält.
Bis zum frühen Abend sah es noch gut mit einer schnellen Waffenruhe aus. In Kairo, wo er zum Abschluss einer zweitägigen Nahost-Reise noch seinen ägyptischen Kollegen sehen will, lobt Westerwelle vorsichtig: „Wenn sich das bestätigt, wäre das eine sehr gute Nachricht für die Menschen in Israel und auch im Gazastreifen.“ Bis zu einem dauerhaften Waffenstillstand sei die Arbeit aber „noch nicht getan“.
Deutschland hat sich in der jüngsten Auseinandersetzung klar positioniert - auf Israels Seite. Bei allen Friedensappellen betonen Kanzlerin Angela Merkel und Westerwelle immer wieder das Recht des jüdischen Staates, sich gegen Angriffe zu verteidigen. Im Unterschied zu europäischen Partnern wie Frankreich oder Großbritannien hält sich die Bundesregierung auch mit Warnungen vor einer israelischen Bodenoffensive zurück.
Öffentliche Kritik an Israels Vorgehen gibt es schon gar nicht. Es gilt der Satz von der „Staatsräson“, den Merkel vor viereinhalb Jahren vor der Knesset zu Protokoll gab - der Satz von der „besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels“, die „Teil der Staatsräson meines Landes“ geworden sei. Angesichts von sechs Millionen Juden, die von den Nazis ermordet wurden, sieht Westerwelle das genauso.
Bei seinen Treffen mit Staatspräsident Schimon Peres, Regierungschef Benjamin Netanjahu und Außenminister Avigdor Lieberman versichert er stets zu Beginn: „Wir stehen an der Seite unserer Freunde in Israel. Israel hat das Recht, sich selbst und seine Bevölkerung zu verteidigen.“ Im Unterschied zu dem einen oder anderen Amtsvorgänger will der Außenminister auch von einer deutschen Vermittlerrolle nichts wissen. Eines nur: „Es geht darum, dass wir von verschiedenen Seiten abgestimmt vorgehen.“
Auch der Bundesregierung ist klar, dass im Nahen Osten ohne die USA gar nichts geht. Was die Europäer angeht, sehen sich die Deutschen aber in einer führenden Rolle. Westerwelle legt aber Wert darauf, dass Berlin in diesem Konflikt nicht neutral ist - trotz der besonderen Beziehungen zur Palästinenserbehörde in Ramallah und auch trotz der Kontakte zur Hamas, über die man öffentlich nicht spricht. Auch am Abend will er über die deutsche Rolle nicht viel sagen. Nur so viel: „Die internationale Gemeinschaft hat sehr koordiniert gearbeitet. Wenn wir Deutsche einen Beitrag leisten konnten, dann würde es mich freuen.“