Analyse: „Ende und Feierabend“
München (dpa) - Joachim Fuchsberger war einer der Großen des Fernsehens: Jahrzehntelang unterhielt er die Menschen - als Entertainer, Showmaster und Schauspieler. „Ich bin der Fernsehsaurier“, hatte „Blacky“ vor gut sieben Jahren mit verschmitztem Lachen gescherzt.
Das Auftreten des gebürtigen Stuttgarters entsprach allerdings so gar nicht den wuchtigen Urzeitgeschöpfen. Er war ein Gentleman der alten Schule, dabei aber auch ein Freund der klaren Worte. Nun ist Fuchsberger am Donnerstag im Alter von 87 Jahren in seinem Haus in Grünwald bei München gestorben, wie seine Frau der Nachrichtenagentur dpa sagte.
Ein ungetrübter Lebensabend war dem lebensfrohen Schauspieler und seiner Frau Gundula nicht gegönnt. Im Oktober 2010 kam ihr Sohn Thomas ums Leben. Ein unendlicher Schmerz. „Es ist in unserem hohen Alter eine brutale Beendigung unserer Lebensfreude, die wir noch hatten“, hatte Fuchsberger in einem Interview kurz danach erklärt. „Wir haben das Wertvollste verloren - unseren einzigen Sohn.“
Zurück blieb ein Paar, das sich innig liebte und mit rührender Hingabe umeinander besorgt war. Gerne hielten sie sich an den Händen, Zeichen ihrer Liebe, doch es war auch ein Aneinanderfesthalten. „Was hier steht, ist im Grunde genommen das Ergebnis einer wundervollen Frau, die mir mein Leben lang geholfen hat, die richtigen Entscheidungen zu treffen“, machte Fuchsberger seiner Gattin, die er immer „meine Regierung“ nannte, im Jahr 2012 eine Liebeserklärung. „Ich hätte immer auf Dich hören sollen, vielen Dank für unser gemeinsames Leben.“
Ein Herzenswunsch der beiden blieb unerfüllt. Am 2. Dezember hätten sie 60. Hochzeitstag gefeiert. „Ich will meine Diamantene Hochzeit auf einem Stuhl sitzend mit gutem Essen feiern“, hatte er sich noch Ende April gewünscht. „Wer verlässt wen zuerst?“ Diese Frage bewegte beide. „Wenn einer von uns beiden den Löffel abgibt, dann hoffe ich, dass ich das bin“, hatte Fuchsberger damals bei der Vorstellung seines Buches „Zielgerade“ gehofft. Bis dahin sitze er immer öfter mit Gundel auf einer Bank im Garten, schreibt er darin. „Wir spielen Philemon und Baucis und warten Hand in Hand auf das, was da wohl noch kommen mag.“
Die gemeinsame Zeit währte seit 1954, ohne Seitensprünge und Skandale. Und das bei einem Schauspieler, der als jugendlicher Liebhaber mit Filmschönheiten wie Romy Schneider, Senta Berger oder Marianne Hold am Set stand. Fuchsbergers Erkenntnis: Gelegenheit macht nicht nur Diebe, sondern auch Liebe“. Deshalb begleitete ihn seine Frau meist bei Dreharbeiten. Und dann gab es noch die vier V: „Verstehen, Vertrauen, Verzeihen, Verzichten. Das hört sich furchtbar leicht an, aber produzier das mal, wenn es drauf ankommt, dann wird's ziemlich schwierig.“
Von der Glanzwelt des Films war Fuchsberger anfangs weit entfernt. 1927 in Stuttgart geboren, probierte er nach der Schule vieles aus, montierte Setz- und Druckmaschinen, war Bergmann und Schlagertexter. 1950 landete er beim Bayerischen Rundfunk, damals Radio München, drei Jahre später beim Fernsehen und dann beim Film. Er spielte meist den Galan, „diesen recht faden, dussligen jugendlichen Liebhaber“, wie er es selbst beschrieb. Die Rolle als Polizeidetektiv in Gruselfilmen von Edgar Wallace kam da gerade recht. Filme wie „Der Hexer“ oder „Die toten Augen von London“ wurden in den 1960er Jahren Kult. Mit einer Kinorolle in der Edgar-Wallace-Parodie „Neues vom Wixxer“ knüpfte er 2007 daran an.
Den Gipfel seiner Beliebtheit erreichte Fuchsberger ab 1960 als Showmaster. Doch es hagelte auch Kritik, vor allem an seinen lockeren Sprüchen. Ebenso wie den großen Auftritt liebte „Blacky“ die Provokation. Für einen Sturm der Entrüstung sorgte er, als er bei der ARD in seiner Live-Rate-Show „Auf los geht's los“ im Nachthemd auftrat, um eine Wette von „Wetten, dass?..“ einzulösen. Als die Kritik nicht abebbte und die Einschaltquoten sanken, schmiss er 1986 die Moderation hin, zog nach Australien und drehte Dokumentarfilme. Erst 1990 kehrte er als Showmaster zurück mit „Ja oder Nein“. Lange Jahre lebte das Ehepaar abwechselnd in Grünwald und in Down Under.
In den letzten Jahren wirkte Fuchsberger häufig noch überraschend jugendlich, aber auch zerbrechlich, müde. „Altwerden ist scheiße“, räsonierte er. Im Sommer 2013 erlitt er einen Schlaganfall, lag immer wieder im Krankenhaus. „Ich habe im Augenblick überall Schmerzen, in den Beinen, in den Füßen, im Kopf, in den Gelenken. Aber ich bin trotzdem eigentlich ganz fröhlich“, meinte er wenige Monate danach im dpa-Interview. „Ich sehe den Himmel und was danach kommt zu meinem Vergnügen wie der Brandner Kaspar.“
Der Tod als Boandlkramer: „Vor dem habe ich keine Angst, der ist mir schon oft begegnet. Dann hat er immer seinen alten Kopf geschüttelt und gesagt, der ist noch nicht dran, der Alte, den entsorgen wir später.“ Ob er nun im Himmel ist? Wohl eher nicht. „Der Tod ist für mich das Ende und Feierabend“, befand der überzeugte Agnostiker. „Die guten Dinge, die das Leben bescheidet oder nicht, muss ich zu Lebzeiten ausnützen.“ Dazu gehörte feines Essen, das er immer noch selbst kochte. Und der Kuchen seines Bruders: „Am allerliebsten mag ich Zwetschgendatschi und einen trockenen Guglhupf. Und dazu eine kleine Tasse Kaffee!“
Zu seinem 85. Geburtstag 2012 hatte Fuchsberger augenzwinkernd in einem Gedicht schon mal über den Tod sinniert. „Aus hohlen Augen grinst er Dich an und sagt: Kommst Du freiwillig mit, alter Mann? Wehren ist zwecklos, mach Dich bereit, für den letzten Schritt in die Ewigkeit. Du schaust und legst zum Ende, in seine Hände Deine zitternden Hände. Im brechenden Auge ein Hoffnungsschimmer, und dann gibste den Löffel ab - für immer.“