Analyse: Perez von der Lachnummer zum Volkshelden

Tel Aviv (dpa) - Manchmal muss ein Politiker lange auf Anerkennung seiner Leistungen warten. Beim früheren israelischen Verteidigungsminister Amir Perez kam der öffentliche Applaus erst fünf Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Amt.

Wurde er einst noch verhöhnt und ausgelacht, wird er plötzlich gefeiert.

Grund ist das Abwehrsystem „Eisenkuppel“, das viele Raketen der radikal-islamischen Hamas erfolgreich zerstört. Perez hatte es seinerzeit gegen den Willen der Militärs durchgeboxt.

In seiner Zeit als aktiver Politiker wurde der Schnauzer tragende Perez zur Lachnummer der Nation. Ein Video und Fotos gingen damals um die Welt: Verteidigungsminister Perez steht zwischen zwei ranghohen Militärs und beobachtet ein Manöver mit Hilfe eines Fernglases. Nur hatte er vergessen, bei seinem Feldstecher die Schutzkappen abzunehmen. Er beobachtete also nichts als tiefe, schwarze Dunkelheit. Dennoch nickte er verstehend, als die Generäle ihn über das Geschehen aufklärten.

Nicht, dass der gebürtige Marokkaner der erste Politiker gewesen wäre, dem das passiert. In einer Reihe mit ihm stehen etwa zwei ehemalige US-Präsidenten: Bill Clinton und George W. Bush. Doch der heute 60-Jährige tat dreimal so, als würde er alles glasklar sehen. Das war zu viel. Vor allem in arabischen Fernsehkanälen schlugen sich die Reporter auf die Schenkel vor Lachen und demonstrierten das absurde Verhalten des Israelis mit Kaffeebechern, die sie sich vor die Augen hielten. In Schimpf und Schande, auch wegen des wenig erfolgreichen zweiten Libanonkrieges, schied Perez 2007 aus dem Amt.

Nun hat sich das Blatt gewendet. „Jeder will plötzlich mein Facebook-Freund sein“, meinte er amüsiert. Das in Israel mit massiver US-Finanzhilfe entwickelte Abwehrsystem „Eisenkuppel“ hat nach Armeeangaben in den vergangenen Tagen neun von zehn Raketen, auf die es zielte, noch in der Luft unschädlich gemacht. Und es ist Perez zu verdanken, dass das Land sich inzwischen mit fünf dieser Systeme verteidigt und nun auch Ballungsräume wie die Küstenmetropole Tel Aviv schützen kann.

Perez hatte als Verteidigungsminister gegen den Widerstand vieler Experten und des Militärs beschlossen, das 39 Millionen Euro teure System von der israelischen Firma Rafael Defense Systems entwickeln zu lassen. Sein Antrieb: Er wohnt mit seiner Familie in Sderot, das nahe am Gazastreifen liegt und wie kaum eine andere Stadt in der Gegend unter jahrelangem Raketenbeschuss aus der Enklave am Mittelmeer leidet.

Nun will sich plötzlich jeder mit dem Abgeordneten der Arbeiterpartei zeigen, Perez wird bei Expertenrunden im Fernsehen herumgereicht und gibt pausenlos Interviews. Auf Facebook und Twitter holt Perez jedoch auch jetzt sein Schnitzer mit dem Fernglas wieder ein. Dort schreiben Leute dem 60-Jährigen inzwischen hellseherische Fähigkeiten zu: Er habe wohl die Zukunft der „Eisenkuppel“ in der geheimnisvollen Schwärze des Fernglases gesehen.