Analyse: Sarkozy bereitet Franzosen auf harte Zeiten vor

Paris (dpa) - Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy feiert sich und Bundeskanzlerin Angela Merkel als die Retter der Welt. Kurz nach dem Krisengipfel in Brüssel muss er sein eigenes Land aber gleichzeitig auf harte Zeiten einstimmen.

Das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr wird nach jüngsten Schätzungen noch niedriger ausfallen als bislang befürchtet. Die düstere Prognose gefährdet die Einhaltung der Sanierungspläne für den hoch verschuldeten Haushalt und damit auch die Bestnote AAA der Ratingagenturen. Deren Verlust wäre für Sarkozy sechs Monate vor der Präsidentenwahl 2012 ein Horrorszenario. Es gilt als sicher, dass er um seine Wiederwahl kandidieren will.

Um die Franzosen auf neue Einschnitte einzustimmen, gab es am Donnerstagabend mehr als eine Stunden präsidiale Pädagogik. Zur besten TV-Sendezeit erklärte Sarkozy mit ernster Miene den Ernst der Lage. Nur ganz am Anfang gab es einige aufbauende Sätze.

Wenn er und Angela Merkel in der jüngsten Krise nicht im Gleichschritt marschiert wären, hätte es eine globale Katastrophe gegeben, ließ Sarkozy seine Landsleute wissen. Man habe mit „wichtigen Entscheidungen“ das „Unvorstellbare“ verhindert.

Viel mehr „Positives“ gab es nicht. Dass seine Frau Carla ihm in der vergangenen Woche eine kleine Tochter namens Giulia geschenkt hat, dürften seine beiden Interviewer nicht ansprechen. Stattdessen ging es um Schulden, die alles besser machenden Deutschen und neue Schreckensnachrichten.

Das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr werde wahrscheinlich nur 1 Prozent betragen und nicht wie ursprünglich erwartet 1,75 Prozent, musste Sarkozy einräumen. Um das Staatsdefizit zu senken, seien Einsparungen oder zusätzliche Einnahmen in Höhe von sechs bis acht Milliarden Euro notwendig. Schon in zehn Tagen sollen neue Pläne dazu vorliegen.

Sarkozy großes Vorbild für erfolgreiche Reformen ist Deutschland. Die von den Sozialisten durchführte Einführung der 35-Stunden-Woche 2001 habe Frankreichs Wettbewerbsfähigkeit ruiniert, während der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) das Gegenteil gemacht habe, kritisierte der Präsident und setzte damit die ersten Spitzen im beginnenden Wahlkampf. Ähnlich sei es bei der „Rente mit 60“ gelaufen.

Die Konsequenz: „Mein Job ist es, Frankreich näher an ein System heranzubringen, das funktioniert: das Deutschlands“, sagte Sarkozy. Nebenbei lästerte er dann auch erstmals direkt über den Präsidentschaftskandidaten der oppositionellen Sozialisten. Er höre, dass François Hollande 60 000 neue Lehrkräfte einstellen wolle, sagte Sarkozy. Und fügte hinzu: „Aber wo wird man das Geld hernehmen?“

Ob das Interview mit knapp zwölf Millionen Zuschauern Sarkozy auf dem Weg zur möglichen Wiederwahl genützt hat, werden die nächste Umfragen zeigen. In den jüngsten Befragungen schnitt der 56-Jährige durchweg schlecht ab. Knapp 60 Prozent hielten sein Krisenmanagement für ineffizient. Wenn schon jetzt Wahlen wären, würde er klar gegen den Sozialisten Hollande verloren.

Schon in der nächsten Woche steht für Sarkozy unterdessen eine weitere Möglichkeit an, sich als erfolgreicher Feuerwehrmann selbst zu feiern. In Cannes am Mittelmeer kommen die Staats- und Regierungschefs der weltweit führenden Volkswirtschaften zum G20-Treffen zusammen. Sarkozy ist in diesem Jahr Gipfelchef: „Meine Aufgabe als Präsident der Republik ist es, nicht zu reden oder zu kommentieren. Meine Rolle ist es, Entscheidungen zu treffen“, sagt der Präsident.