Analyse: Werkzeuge für die Energiewende

Berlin (dpa) - Noch hat die Stunde der Wahrheit bei der Energiewende nicht geschlagen. Erst bis Mitte kommenden Jahres wollen Bund und Länder konkreter sagen, wo welcher Ökostrom produziert wird - und wer im Einzelnen dafür bezahlt.

Das machten die Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach ihrem Spitzentreffen am Freitag im Kanzleramt deutlich.

Der in einigen Ländern forcierte Ausbau der erneuerbaren Energien dürfte keinen Deckel bekommen - allerdings sind die Länder bereit, darüber zu reden, wie es passt, wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) betont zufrieden sagt.

„Wir haben heute festgestellt, dass alles mit allem zusammenhängt“, beschreibt Merkel den Erkenntnisprozess. Heute können die Länder auf Geld rechnen, wenn nur Windräder, Biomasseanlagen und Solardächer in großem Stil gebaut werden. Also hätte es wenig gebracht, einfach die Ausbauziele zu ändern. Die Bundesregierung setzt auf 40 Prozent Ökostrom bis 2020 - es könnte nun aber auch mehr werden.

Zunächst muss aber erst einmal das Erneuerbare-Energien-Gesetz reformiert werden, damit der Wildwuchs beim Ökostrom nicht ungehindert qua Gesetz weitergeht. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wird aus der Sitzung zitiert mit den Worten: „Wenn es dort keine Anpassung gibt, können wir soviel koordinieren, wie wir wollen.“ Sein Grünen-Amtskollege aus Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, sagt: „Es kommt jetzt nicht so sehr darauf an, welche genauen Zahlen man für einen künftigen Zeitraum nennt, sondern dass wir die richtigen Instrumente haben, dass sich der Ausbau zügig entwickeln kann, ohne dass die Netzstabilität gefährdet ist und die Preise durch die Decke schießen.“

Umweltminister Peter Altmaier (CDU) ist Genugtuung anzumerken, als er verkünden kann: „Wir haben uns darauf verständigt, das EEG so zu reformieren, dass es künftig eine zentrale Steuerung der Energiewende ermöglicht.“

Also etwas weniger Photovoltaik im Süden und etwas weniger Offshore-Windkraft im Norden? Möglich, aber ausgemacht ist noch nichts. Albig ist hoffnungsfroh, dass die Frage geklärt wird: „Wer kann was zu welchen Kosten produzieren?“ Merkel betont: „Wir brauchen Versorgungssicherheit, wir brauchen einen zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, und wir brauchen verträgliche Preise.“ Die Dynamik bei den Erneuerbaren solle nicht gebrochen werden. „Wir wollen alle, dass die Energiewende gelingt.“

Schritt für Schritt - so Albig - soll es eine Bestimmung über die Strommengen und dann über die Leitungen geben. Noch sei man nicht mit den Schraubenschlüsseln an die Netzmasten gegangen - aber bald sei es für die konkrete Planung so weit. Altmaier setzt darauf, dass nicht alle möglichen, sondern zunächst die nötigen Stromautobahnen gebaut werden.

Merkel kündigt für Dezember ein Gesetz zum Netzentwicklungsplan an. Am 21. März sollen auf einem Energie-Sondertreffen die Karten auf den Tisch. „Dann werden Sie erleben, dass die Länder bereit sind, sich in diesen Masterplan einzufügen“, versichert Albig.

Vorher soll dem stockenden Offshore-Ausbau auf die Beine geholfen werden. An den Küsten stapeln sich die Windkraftanlagen, weil es bei den Übertragungsnetzen hapert. Nun soll an Haftungsplänen geschraubt werden - Netzbetreiber Tennet hatte bereits vor einem Scheitern der Energiewende gewarnt, weil die geplante Haftung bei Problemen die dringend nötigen Privatinvestoren abschrecke.

Nein, ein Durchbruch ist es nicht. Aber die Länder fühlen sich vom Bund auch nicht mehr gehindert. Der Kieler Regierungschef Albig berichtet strahlend, dass auch der Vertreter von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) keine Einwände gegen eine EEG-Reform gehabt habe - sondern dass der Bund mit einer Stimme spreche. Die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) drückt es so aus: „Die Einigkeit der 16 Länder ist auf eine Einigkeit des Bundes gestoßen, und das gibt eine Gesamteinigkeit.“

Und wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint? Merkel kündigt einen ordnungspolitischen Rahmen für ein Sicherstellen ausreichender Reservekapazitäten an. Unabhängig davon soll es im Winter nun 2,5 Gigawatt an Reservekapazität geben - im wesentlichen im Süden der Republik.