Analyse: Zyperns Sparer bleiben gelassen

Frankfurt/Main (dpa) - Lange Schlangen vor den Banken, verzweifelte Sparer - die Bilder der Bankenkrise im Jahr 1931 haben sich tief ins kollektive Gedächtnis eingebrannt.

Seitdem ist die Angst groß, dass verunsicherte Anleger in Krisenzeiten die Schalter stürmen. In Zypern blieb der befürchtete Run auf die Banken am Donnerstag aus. Doch es gibt genug Beispiele, die zeigen, wie berechtigt die Sorge war.

„Bank Runs“ haben eines gemeinsam: Das Vertrauen der Sparer ist weg. „Vertrauen ist die entscheidende Größe in allen Bankgeschäften“, sagt der Wirtschaftshistoriker Carl-Ludwig Holtfrerich aus Berlin. „Wenn die Kunden den Eindruck haben, dass eine Bank wackelig wird, dann rennen sie zur Bank und wollen ihr Geld abheben.“ Wie schnell das Vertrauen der Sparer schwinden kann, erlebte Großbritannien im Jahr 2007. Tausende belagerten die Filialen der angeschlagenen Hypothekenbank Northern Rock, nachdem bekannt geworden war, dass die englische Notenbank dem Baufinanzierer einen Notkredit gewährt hatte. In Sheffield und Glasgow musste die Polizei einschreiten, um die Massen zu beruhigen.

Die Politik dürfe in einer derartigen Situation „nichts tun, was die Angst der Anleger vor einem Zusammenbruch der Banken oder des Bankensystems noch verstärkt“, sagt Holtfrerich. Sie müsse vielmehr beruhigen, so wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) nach der Lehman-Pleite 2008, die Schockwellen um den Globus jagte. „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind“, sagte Merkel damals. In der aktuellen Zypern-Krise wiederholte sie ihr Versprechen.

In Deutschland sorgte der Zusammenbruch des Bankhauses Herstatt im Jahr 1974 für Panik unter den Kunden. Durch hoch riskante Terminmarkt- Geschäfte schlitterte die Bank mit einem Verlust von 1,2 Milliarden D-Mark in die damals größte deutsche Bankenpleite nach dem Krieg. Der Zusammenbruch war Anlass für den Aufbau der Einlagensicherung des Bundesverbandes deutscher Banken, der die Privatbanken vertritt. Eine weitere Folge: Die Gründung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht. Er empfahl erstmals Mindestanforderungen für die Kapitalausstattung von Banken, die im Laufe der Zeit verschärft wurden.

Ursache für einen „Bank Run“ kann auch eine schwere Wirtschaftskrise sein, wie sie Argentinien und Uruguay 2001/2002 erlebten. Die Sparer verloren das Vertrauen in die Entwicklung ihres Landes. Sie zogen massenhaft Kapital ab, um es ins Ausland in Sicherheit zu bringen. Die Regierungen froren daraufhin die Guthaben ein, die Banken blieben tagelang geschlossen.

Dramatisch war der Vertrauensverlust der Anleger in Deutschland im Gefolge der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahren. Nach der Insolvenz der Österreichischen Creditanstalt im Mai 1931 sahen sie ihr Erspartes schwinden. Vor allem Kunden der angeschlagenen Danat-Bank gerieten in Panik. Verstärkt durch geplatzte Kreditgeschäfte musste die Danat-Bank ihre Schalter am 31. Juli 1931 schließen. Ein Massenansturm auf die Kreditinstitute setzte ein. Wenig später konnten alle Berliner Banken nur noch ein Fünftel der geforderten Auszahlungen bedienen. Die Reichsregierung schloss alle Bankschalter für zwei Tage und übernahm die Garantie für die Einlagen der Danat-Bank.