Brüssel fordert Machtverzicht von Euroländern
Brüssel/Luxemburg/Berlin (dpa) - Deutschland und die anderen 16 Mitglieder der Eurozone sollen auf Macht und Souveränitätsrechte verzichten, um die Krise der gemeinsamen Währung zu beenden.
Das geht aus einem Papier von EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy an die EU-Staats- und Regierungschefs hervor, die sich am Donnerstag und Freitag in Brüssel treffen. Von deutscher Seite wurde der Vorstoß zurückhaltend aufgenommen.
So könnte es in einer gemeinschaftlichen Haushaltspolitik Obergrenzen für Schulden geben. Würde ein Euroland die Grenzen überschreiten, bräuchte es grünes Licht aus Brüssel. Auf mittlere Sicht könnte auch der Weg gemeinsamer Schulden eingeschlagen werden - dazu müsse es jedoch einen soliden Rahmen für Haushaltsdisziplin geben, heißt es in dem der Nachrichtenagentur dpa vorliegenden Text. Eine Möglichkeit seien kurzfristige gemeinsame Anleihen. Gemeinsame Schulden lehnt Deutschland bisher ab.
Außenamts-Staatsminister Michael Link sagte in Luxemburg am Rande von Beratungen der EU-Europaminister, Van Rompuys Papier sei keine Beschlussvorlage, sondern lese sich „streckenweise wie ein Wunschzettel“. Link weiter: „Wir sind nicht überzeugt, dass der Weg von Vergemeinschaftung von Schulden (...) ein Weg aus der Krise ist“, sagte der FDP-Politiker.
In Paris wurde für Dienstagabend kurzfristig ein Treffen der Finanzminister der vier größten Volkswirtschaften der Eurozone anberaumt. Neben Wolfgang Schäuble aus Deutschland sollen daran die Ressortchefs aus Frankreich, Spanien und Italien teilnehmen, kündigte Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici an. Vor allem Deutschland und Frankreich sind weiter uneins über die Ausrichtung der EU-Krisenpolitik.
Kurz vor dem EU-Gipfel wird die Luft für Spanien und Italien am Kapitalmarkt immer dünner. Nach dem Hilfsantrag Spaniens für seine Banken stufte die Ratingagentur Moody's zudem die Kreditwürdigkeit der Geldhäuser drastisch herab. Auch Zypern braucht Hilfe von den Euro-Partnern, die Höhe des Betrags ist aber weiter unklar.
In Athen wurde der renommierte Ökonomieprofessor Ioannis Stournaras zum neuen Finanzminister nominiert. Der 55-jährige fordert seit Jahren Reformen sowie einen schlankeren Staat. Er setzt sich vehement für den Verbleib Griechenlands im Euroland ein. Der zunächst designierte Finanzminister Vasilios Rapanos hatte aus gesundheitlichen Gründen auf sein Amt verzichtet.
In Berlin wurden letzte Weichen für die Ratifizierung von Fiskalpakt und Euro-Rettungsschirm ESM gestellt. Nach der grundsätzlichen Einigung der Regierung mit der Opposition im Bundestag und mit den Ländern wird am Freitagabend namentlich abgestimmt. Der Bundesrat hat für 21.00 Uhr zu der Sondersitzung über ESM und Fiskalpakt geladen. Die nötige Zweidrittelmehrheit gilt in beiden Häusern als sicher.