Brüssel macht Druck bei Kampf gegen Steuerflucht
Brüssel (dpa) - Im Kampf gegen die grenzüberschreitende Steuerflucht verstärkt Brüssel den Druck. „Wir müssen schneller vorangehen“, sagte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta. Der Litauer berief einen Steuer-Expertenrat mit rund 45 Mitgliedern ein, der den 27 Hauptstädten auf die Finger schauen soll.
Semeta zeigte sich zuversichtlich, dass die EU-Finanzminister bei ihrem nächsten Treffen am 14. Mai die Verschärfung des Zinssteuergesetzes auf den Weg bringen werden. Derzeit bremst allerdings noch Österreich. „Ich hoffe, dass Österreich zu einer Position finden wird.“ Mit dem neuen Gesetz sollen weitere Steuerschlupflöcher geschlossen werden. In der EU-Steuerpolitik kann ein einziger Staat Beschlüsse blockieren.
Den öffentlichen Kassen der EU-Staaten entgehen jährlich etwa eine Billion Euro durch Steuervermeidung und Steuerflucht. Erst Mitte April war beim informellen Finanzministertreffen in Dublin deutlich geworden, dass es für das Bankgeheimnis in der EU keine Zukunft mehr gibt.
Semeta will von den Mitgliedstaaten auch ein Mandat für Verhandlungen mit benachbarten Nicht-EU-Staaten wie der Schweiz oder Monaco erhalten. „Wir sind für einen automatischen Austausch (von Bankdaten) als internationalen Standard“, sagte Semeta. Die Abkommen sollten so „ehrgeizig wie möglich“ sein.
Jüngste Veröffentlichungen von Steuerdaten sowie Steuerskandale in Mitgliedstaaten hatten die EU-Debatte angeheizt. Die Reform des Zinssteuergesetzes lag fünf Jahre lang auf Eis, nun soll es ganz schnell gehen. Die meisten EU-Länder tauschen jetzt schon Kontrollmitteilungen über Zinserträge von EU-Ausländern aus. Nur Luxemburg und Österreich nehmen nicht teil und erheben stattdessen eine Quellensteuer von 35 Prozent. Nach der Ankündigung Luxemburgs, von 2015 an am automatischen Informationsaustausch teilzunehmen, stieg der Druck auf Österreich gewaltig. Mit dem Ende der Ausnahmen für die beiden Länder fällt dann de facto auch das Bankgeheimnis.
In Semetas Steuergremium können die Mitgliedstaaten jeweils einen Vertreter aus ihren Steuerbehörden entsenden. Bis zu 15 Mitglieder sollen nicht von den Regierungen bestimmt werden, sondern - auf der Basis eines offenen Bewerbungsverfahrens - von der EU-Kommission. Am 22. Mai werden die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel über den Kampf gegen die Steuerflucht beraten.