Bundespräsidenten in Wien und Berlin - ein Vergleich
Wien/Berlin (dpa) - Der österreichische Bundespräsident hat mehr Befugnisse als viele seiner europäischen Amtskollegen. Deutschlands Staatsoberhaupt hingegen besitzt im internationalen Vergleich verhältnismäßig wenig politische Macht.
Ein Vergleich:
- In ÖSTERREICH wird der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt. Der höchste Repräsentant des Staates könnte - was aber noch nie vorgekommen ist - ohne nähere Begründung die gesamte Regierung entlassen. Außerdem ist er Oberbefehlshaber des Heeres.
Nach Nationalratswahlen hat er zumindest theoretisch freie Hand bei der Nominierung des Bundeskanzlers und darf einzelne Minister ablehnen, die er für ungeeignet hält. Ferner ist er für die Überprüfung neuer Bundesgesetze zuständig. Sollten diese
nicht der Verfassung entsprechen, kann der Präsident seine
Unterschrift verweigern und das Gesetz zur Begutachtung
zurückschicken.
- In DEUTSCHLAND weist das Grundgesetz dem Bundespräsidenten über seine repräsentative Rolle hinaus nur geringe politische Kompetenzen zu. Grund dafür sind die Erfahrungen aus der Weimarer Republik: Nach der Weimarer Verfassung konnte der Präsident Grundrechte außer Kraft setzen und mit Notverordnungen regieren. Eine solche Machtfülle in einer Hand wollten die Väter des Grundgesetzes angesichts der deutschen Geschichte unter allen Umständen vermeiden.
Laut Bundesverfassungsgericht ist das Amt des Bundespräsidenten vor allem auf „geistig-moralische Wirkung angelegt“. So ist er Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland nach innen und außen und deren völkerrechtlicher Vertreter. Er unterzeichnet Bundesgesetze und ernennt Minister, die der Bundeskanzler vorschlägt. Dabei kann er lediglich Bedenken geltend machen. Der Bundespräsident hat weder den Oberbefehl über die Streitkräfte, noch kann er die Außenpolitik gestalten. Gewählt wird er von der Bundesversammlung.