Das Geschäft mit den Terrordrohungen

Berlin/Kairo (dpa) - Für eine Terrordrohung gegen die westliche Welt braucht es nicht viel. Computerkenntnisse, ein Bildbearbeitungsprogramm und das Internet.

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Gerade nach schweren Anschlägen wie denen in Brüssel und Paris, zu denen sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannte, sind soziale Medien voll mit Propaganda von Dschihad-Sympathisanten.

Martialische Bilder erregen derzeit in Deutschland Aufmerksamkeit: Eine Collage zeigt einen Dschihadisten vor dem Gebäude des Flughafens Köln-Bonn. „Was Deine Brüder in Belgien schafften, schaffst Du auch!“, steht da auf Deutsch. Auf einem anderen Bild brennt das Kanzleramt. Ein Propaganda-Video über die Brüsseler Attentate zeigt kurz auch den Frankfurter Flughafen.

Solche Drohungen müssen nicht von der IS-Führung kommen. Es können auch Menschen dahinterstecken, die im Stillen Sympathien für den IS hegen oder die sich einfach animiert fühlen, selbst mal Angst und Schrecken zu verbreiten. Wie ernsthaft solche Ankündigungen sind, ist fraglich. Doch wenn sich die Botschaft im Internet und in den Medien verbreitet, ist der Zweck bereits erfüllt: Menschen bekommen Angst.

„Es gibt immer wieder Drohungen, Tweets und Videos in diese Richtung“, sagt der Terrorexperte Rolf Tophoven. „Es ist leicht, so etwas zu produzieren und ins Netz zu stellen.“ Egal ob die Botschaften vom IS oder Nachahmern kämen - Ziel sei es, die Menschen einzuschüchtern und einen Hype in den Medien und im Netz zu erzeugen.

Terrordrohungen sind Teil der perfiden Propaganda-Strategie des IS. Die Terrormiliz ist auf ausländische Kämpfer angewiesen und muss für junge Männer attraktiv erscheinen. Der IS hat für die Rekrutierung ausländischer Anhänger einen neuen Weg eingeschlagen: Seine Propaganda bedient sich moderner, poppiger Methoden, um sich in der westlichen Welt Gehör zu verschaffen. Ganz anders als in früheren Zeiten, in denen der damalige Chef des Terrornetzwerkes Al-Kaida, Osama bin Laden, mit monotoner Stimme in eine Kamera sprach.

Die PR-Verantwortlichen im Islamischen Staat schneiden ihre Propaganda häufig wie eine Mischung aus Hollywood-Film und Videospiel. Sie soll sich weit verbreiten - mit hohem Unterhaltungswert. 2014 veröffentlichte der IS sogar ein Video im Stil des beliebten Computerspiels Grand Theft Auto (GTA), in dem ein virtueller Dschihadist Menschen erschießt. Und es scheint kein Zufall, dass auch die Terrordrohung gegen den Kölner Flughafen an ein Bild aus einem Egoshooter-Videospiel erinnert.

Die neuen Botschaften im Netz ändern aber rein gar nichts an der Einschätzung der Sicherheitslage. Aus dem Bundesinnenministerium, dem Bundeskriminalamt und vom Verfassungsschutz heißt es, Deutschland sei nach wie vor im Visier islamistischer Terroristen. Die Bedrohungslage sei ernst - aber nun auch nicht ernster, nur weil diese neuen Bilder und Videos aufgetaucht seien. „Wir gehen nicht davon aus, dass es konkrete Anschlagspläne gibt“, heißt es beim BKA.

Drohungen gegen Ziele in Deutschland sind häufig. Nur schafft es nicht jede davon in die Zeitung. Und wenn doch, dann fühlen sich mitunter noch mal mehr Menschen angespornt, der erfolgreichen Angstmache nachzueifern.

Nach jedem Anschlag, wie zuletzt in Brüssel, steigt die Zahl der islamistischen Kampfansagen im Netz, aber auch die Zahl anderer Hinweise auf mögliche Gefahren. Auf einmal melden sich viele bei Polizei und Geheimdiensten, weil sie meinen, etwas Verdächtiges gesehen und gehört zu haben. Einige wollen sich wichtig machen. Andere sehen die Chance, selbst Chaos zu verbreiten durch falsche Spuren. Aber es kann auch die entscheidende Information dabei sein.

Deshalb müssen Polizei und Geheimdienste jedem Hinweis und jeder Drohung nachgehen und die Hintergründe prüfen. Das ist viel Arbeit - und heikel noch dazu. Die Sicherheitsbehörden müssen in jedem Fall abwägen, ob etwas authentisch ist und ob mehr dahintersteckt als Wichtigtuerei. Tun sie einen ernsten Hinweis ab, kann das verheerend enden. Nehmen sie jeden Hinweis und jede Drohung ernst, spielen sie das Spiel derer mit, die Angst und Schrecken verbreiten wollen. „Das ist ein vertracktes Geschäft“, meint Tophoven.