Hintergrund Der „unsichtbare Kalif“: Wo ist IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi?
Bagdad (dpa) - Als die Militäroperation zur Rückeroberung Mossuls von der Terrormiliz IS im Herbst begann, gingen einige Beobachter noch davon aus, dass sich der IS-Chef persönlich in der Stadt aufhalten könnte.
Schließlich hatte sich Abu Bakr al-Bagdadi hier das erste und einzige Mal öffentlich gezeigt. Die Eroberung Mossuls war sein größter Erfolg. Doch schon bald gab es Gerüchte, der „unsichtbare Kalif“ habe sich aus der umkämpften Stadt zurückgezogen.
Irgendwo im Grenzgebiet zwischen Syrien und dem Irak sollte er sein, wahrscheinlich beim Fluss Euphrat im Grenzgebiet der beiden Länder. Dort beherrscht der IS noch immer eine größere Region. Ansonsten ist die Terrorgruppe komplett von ihren Gegnern eingeschlossen. Eine Flucht ins Ausland scheint für den Mann, auf den ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar ausgesetzt ist, unmöglich.
Berichten zufolge hält sich Al-Bagdadi nie länger als wenige Nächte an einem Ort auf, verzichtet auf auffällige Autokonvois. Die US-Armee geht davon aus, dass er wegen des hohen Drucks seiner Verfolger kaum noch direkt mit anderen Anführern reden kann.
Das letzte Lebenszeichen sendete der Mitte 40-jährige Iraker Anfang November in Form einer Audiobotschaft. Seitdem herrscht Funkstille. Keine Unterstützung für die IS-Kämpfer in Bedrängnis, keine Parolen gegen den Westen oder für sein Stück für Stück untergehendes Kalifat.
Russland geht davon aus, Al-Bagdadi mit einem Luftangriff Ende Mai getötet zu haben. Eine Bestätigung zum Beispiel der USA gab es dafür aber nicht. Es ist nicht das erste Mal, dass der Tod des Terrorführers verkündet wurde. Jedoch spricht für die Behauptung Moskaus auch, dass der IS die Meldung nie dementierte oder mit einer Nachricht Al-Bagdadis als Gegenbeweis antwortete.
Ob Al-Bagdadi, der die Führung der Terrororganisation 2010 übernahm, lebend gefangen werden kann, scheint fraglich. Die Extremisten jedenfalls werden alles dran setzen, dass er weder tot noch lebendig in die Hände seiner Feinde gerät. Und so ist es nicht unwahrscheinlich, dass Al-Bagdadi auch nach dem Ende des IS als Territorialmacht der „unsichtbare Kalif“ bleiben wird.