Deutschland-Spanien 8:1: Für erfreuten Löw nicht unproblematisch

Berlin/Dortmund (dpa) - Da musste sich auch Joachim Löw erst einmal kräftig die Augen reiben. Schier unglaublich: 8:1 steht es nach den Hinspiel-Duellen im Champions-League-Halbfinale zwischen Deutschland und Spanien - der Bundestrainer war live dabei und „begeistert“.

Schon macht das Wort vom Machtwechsel die Runde zwischen den zwei führenden Nationen in der Fußball-Weltrangliste. „Nach dem ersten Teil kann man das so sehen. Ich hoffe, dass es nach dem zweiten Teil immer noch so ist“, sagte Nationalspieler Marcel Schmelzer in der Euphorie um das Dortmunder 4:1 gegen Real Madrid. „Wir benötigen noch zwei große Leistungen, um etwas in den Händen zu halten“, betonte indes Bayern-Kollege Thomas Müller nach dem 4:0 gegen den entzauberten Lionel Messi-Club FC Barcelona.

Auf jeden Fall ist das deutsch-spanische Dauerduell weiter auf Touren gekommen. „Der FC Bayern und Borussia Dortmund haben in den Champions League-Hinspielen erstklassige Visitenkarten für den deutschen Fußball abgegeben“, erklärte Verbands-Präsident Wolfgang Niersbach zu den Glanzauftritten der Bundesligisten. „Jeder hat gesehen, dass Deutschland eine Top-Fußball-Adresse ist. Das gilt für die Bundesliga, die einzelnen Vereine und natürlich auch für die Nationalmannschaft“, ergänzte der DFB-Chef stolz.

Bei der EM 2008 war das Endspiel gegen die Iberer 0:1 verloren gegangen. In Südafrika 2010 hatte Carles Puyol Löws Boy Group im WM-Halbfinale gestoppt. Vor einem Jahr fiel das Aufeinandertreffen nach dem deutschen K.o. gegen Italien aus. In dieser Saison zeigen die Topclubs, wie es geht. Die Bundesligisten sind auch nach zehn Duellen mit spanischen Teams unbezwungen. Das 1:4 von Real Madrid bei Borussia Dortmund war bereits die sechste Niederlage für ein Team der Primera División, vier Begegnungen endeten unentschieden.

„Die Ergebnisse sind hochverdient, auch in der Höhe“, urteilte Joachim Löw, der den Festtag in München und die Dortmunder Gala gegen Real mit Mesut Özil und Sami Khedira als Stadion-Augenzeuge erlebte. Als Bundestrainer freut er sich natürlich, dass 14 Nationalspieler in den Startformationen von drei Halbfinal-Teams gestanden haben: „Das sind hervorragende Erfahrungen für jeden einzelnen.“

„Die Deutschen haben eine Generation mit sehr guten Spielern“, hob Real-Trainer José Mourinho nach der Schlappe der „Königlichen“ in Dortmund hervor. Dazu scheint es nun immer besser zu gelingen, dieses neue fußballerische Potenzial der Götze, Reus oder Müller mit jenen Tugenden zu verknüpfen, die schon immer als typisch deutsche Stärke gelten: Wille und Kampf. „Jeder hat den Erfolgsgedanken. Jeder macht lieber einen Schritt mehr nach hinten als zu wenig. Was wir so arbeiten, das gab's vorher nicht“, sagte der Münchner Müller.

Die Aussicht auf das erste deutsch-deutsche Finale in Europas Königsklasse bringt allerdings Löw für die nahe Zukunft kräftig ins Grübeln. Denn für die anstehende USA-Tournee mit Länderspielen am 29. Mai gegen Ecuador in Boca Raton sowie am 2. Juni in Washington gegen die USA müsste er dann einen völlig neuen Kader zusammenstellen.

Sechs Bayern-Spieler sind durch den Einzug ins DFB-Pokalfinale am 1. Juni gegen den VfB Stuttgart ohnehin schon draußen. Holger Badstuber und Toni Kroos fehlen wegen Verletzungen. Das würde wohl auch auf die sechs Dortmunder DFB-Kicker zutreffen, wenn der BVB am kommenden Dienstag in Madrid den Einzug ins Champions-League-Endspiel am 25. Mai in London perfekt machen kann.

Zwar gibt es bei Löw Überlegungen, Schmelzer, Mats Hummels, Sven Bender, Mario Götze, Ilkay Gündogan und Marco Reus in die USA nachzuholen. Diese aber erscheinen vage wie bei Oldie Miroslav Klose, der am 26. Mai mit Lazio zum italienischen Pokalfinale gegen den AS Rom antreten wird. Für Özil und Khedira steht mit Madrid am 1. Juni der letzten Spieltag in der spanischen Meisterschaft an. Aus der U 21 kann Löw keine Spieler holen, da sich diese zur Zeit der USA-Reise auf die Nachwuchs-EM in Israel vorbereitet.

„Ein Luxusproblem“, hieß es dazu aus dem DFB, die personellen Planungen für die beiden Testspiele zum Saisonende sind erst einmal zurückgestellt. Ab kommenden Donnerstag sollen dann bei Löw und Co. die Köpfe rauchen, um festzulegen, wer am 22. Mai mit in den Flieger nach Miami steigt. Es wird einige Überraschungen geben.

Die Liga profitiert auf jeden Fall von den „unglaublichen“ Auftritten der Bayern und des BVB: „Das bringt Reputation für die Vereine und für die ganze Bundesliga“, meinte Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia. Und für den niederländischen HSV-Star Rafael van der Vaart sind die Ergebnisse ein Beweis, „dass die deutsche Liga die beste der Welt ist“.