Die Liebe in Zeiten der Tsunami-Katastrophe

Banda Aceh (dpa) - Das „Geschenk des Tsunami“ hat große dunkle Augen, beißt lautstark in einen Kräcker und trägt Flip-Flops an den Füßen. Die achtjährige Ananda lebt an der Westküste Sumatras in Indonesien, in einem kleinen Häuschen, nur wenige hundert Meter vom Meer entfernt.

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Dem Meer, das vor genau zehn Jahren Riesenwellen formte und damit Zerstörung, Leid und Tod brachte - und die Liebesgeschichte ihrer Eltern möglich machte.

Armanuzah und Mohammad Hasan hatten ein Leben vor dem Tsunami. Er war Fischer, verheiratet und hatte sechs Kinder. Am 26. Dezember 2004 war er gerade auf See. „Ich hörte drei Explosionen“, erzählt er. Der Meeresgrund bewegte sich, und die folgenden Wellen schwemmten sein Boot fünf Kilometer ins Land hinein bis an einen Berghang. „Unser ganzes Dorf stand unter Wasser, nur die Spitzen der Kokosnussbäume schauten noch heraus. Ich suchte nach anderen Überlebenden, doch überall waren nur Leichen.“

Unter den Toten waren wahrscheinlich auch Hasans damalige Frau und vier seiner Kinder. „Ich habe ihre Körper nie gefunden“, erzählt der 55-Jährige mit dem Bürstenhaarschnitt und leicht angegrautem Schnauzer. Trotz des Traumas blieb er, und half, sein Dorf Glee Bruek wieder aufzubauen. „Da haben wir uns getroffen: Ich baute, und sie lehrte in der High School“, erzählt er mit strahlenden Augen.

An den Küsten von Aceh herrschte nach dem Tsunami Frauen-Mangel, da unter den 170 000 Toten mehr Frauen als Männer waren. Die Männer waren oft auf See oder hatten mehr Kraft, sich an etwas festzuhalten, als die Wellen kamen. „Ich hatte wirklich viele Männer um mich“, erinnert sich Armanuzah an die Zeit danach. „Ich war ja auch neu im Dorf und bekam viel Aufmerksamkeit“, sagt die 46-Jährige mit dem Kopftuch und blickt verschmitzt über ihre Brille hinweg. Sie strahlt ihren Mann an. „Aber er war der Beste.“

Zusammen starteten sie eine Produktion von Auster-Kräckern. „Zunächst benutzten wir einen anderen Namen für die Marke, und das Geschäft ging schlecht. Erst als wir ihn in „Ananda“ änderten, wurde das Geschäft zum Erfolg“, erzählt Armanuzah. Ihre gemeinsame Tochter sei ein „Geschenk des Tsunami“. „Sie bringt der Familie Wohlstand.“ Mittlerweile beschäftigen die beiden 40 Mitarbeiter und exportieren die Kräcker unter anderem in die Hauptstadt Jakarta und nach Japan.

Mit Unterstützung des Hilfswerks World Vision hat das Ehepaar auch schon rund 100 Frauen trainiert und ihnen geholfen, ein eigenes Kräcker-Geschäft aufzumachen. Das Rezept sei nicht schwierig, meinen die beiden, und zählen auf: „1,5 Kilo Austern, 1 Kilo Mehl, 5 Eier, 1 Löffel Zucker und 1 Löffel Salz. Dann mixen und für 30 Minuten kochen lassen.“

Vor dem Meer, erklären die beiden, haben sie keine Angst. „Wir fühlen uns hier sicher. Es wird nicht noch einmal am gleichen Ort passieren“, sagt Mohammad. Ein Tsunami-Warnsystem bräuchten sie nicht. „Man sollte auch nicht verängstigt durchs Leben gehen, sondern es so nehmen, wie es kommt.“ Armanuzah kann dem Unglück etwas Positives abgewinnen. „Alles hat eine Bedeutung. Der Tsunami führte schließlich dazu, dass wir uns trafen.“