Fall Snowden: USA und Russland setzen auf Schadensbegrenzung
Moskau/Washington (dpa) - Im Fall des US-Enthüllers Edward Snowden bemühen sich die USA und Russland um Schadensbegrenzung. US-Präsident Barack Obama erörterte auf eigene Initiative die Lage am Telefon mit seinem Kollegen Wladimir Putin, wie Kremlsprecher Dmitri Peskow am Samstag mitteilte.
Details des Gesprächs nannte er zwar nicht.
Allerdings hatte Putin bereits zuvor erklärt, dass Snowden nur dann in Russland bleiben könne, wenn er aufhöre, den USA Schaden zuzufügen. Nach Angaben russischer Behörden hat Snowden bisher keine Asyl-Unterlagen eingereicht.
Der IT-Experte hatte umfangreiche Ausspäh- und Überwachungsprogramme des US-Nachrichtendienstes NSA publik gemacht und wird in seiner Heimat wegen Geheimnisverrats gesucht. Seit dem 23. Juni sitzt er im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo fest. Am Freitag hatte Snowden bei einem Treffen mit Menschenrechtlern und Anwälten auf dem Airport erklärt, dass er zu Putins Bedingungen Asyl beantrage.
Wegen der von Snodwen aufgedeckten vermuteten millionenfachen Ausspähung von E-Mail und Telefon-Daten deutscher Bürger war Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in die USA gereist. Er wollte Klarheit in der Affäre schaffen. Die USA sicherten ihm zu, künftig besser über die Erkenntnisse ihrer Geheimdienste zu informieren. In Deutschland hagelte es jedoch seitens der Opposition Kritik an der Reise. Friedrich will am Mittwoch sowohl dem Innenausschuss des Bundestages als auch dem Parlamentarischen Kontrollgremium Rede und Antwort stehen.
Die USA hatten Russland wiederholt dazu aufgefordert, Snowden auszuliefern. Russland lehnt dies ab. Als offizielle Begründung nennt der Kreml die in den USA angewendete Todesstrafe sowie das Fehlen eines Auslieferungsabkommens zwischen beiden Staaten.
US-Regierungssprecher Jay Carney sagte vor dem Telefonat der beiden Präsidenten, politisches Asyl für Snowden in Russland sei unvereinbar mit der russischen Versicherung, keine Verschlechterung der Beziehungen mit den USA durch Snowden zu wollen. Er warf Russland vor, Snowden eine „Propagandaplattform“ zu bieten. Er versicherte aber gleichzeitig, die USA wollten nicht, dass der Fall die wichtigen Beziehungen zu Russland beschädige. Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, sagte, Snowden bekomme im Falle einer Rückkehr in die USA ein faires Verfahren. Sie fügte hinzu: „Wir glauben weiterhin, dass Russland die Chance hat, das Richtige zu tun, und die Rückkehr in die Vereinigten Staaten ermöglicht.“
Der russische Außenminister Sergej Lawrow wies jegliche Verantwortung für die Angelegenheit des US-Bürgers von sich. Seine Behörde habe und wolle keinen Kontakt zu Snowden. Zuständig für politische Flüchtlinge sei die Einwanderungsstelle, betonte Lawrow der Agentur Interfax zufolge. „Wenn das Gesuch eintrifft, wird es nach der gesetzlichen Ordnung bearbeitet“, sagte der Chef der Migrationsbehörde, Konstantin Romodanowski, russischen Agenturen am Samstag in Moskau.
UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay forderte unterdessen internationalen Schutz für Snowden. Wer Informationen über mögliche Verstöße gegen die Menschenrechte offenlege, habe ein Anrecht darauf, heißt es in einer am Freitagabend in Genf veröffentlichten Erklärung Pillays. Sie verwies darin zugleich auf das Recht auf Asyl für Verfolgte.
In Deutschland konzentrierte sich die Debatte auf die Friedrich-Reise. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nannte die Ergebnisse „blanken Hohn“. Die Union wies die Kritik scharf zurück und warf der Opposition Populismus vor.
Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) brachte unterdessen in der „Welt am Sonntag“ ein internationales Abkommen zum Datenschutz ins Gespräch. Dieses sei für mehr Transparenz und Selbstbestimmung für die Verbraucher ganz unabhängig von der aktuellen Geheimdienstdebatte erforderlich: „Wir brauchen einen Vertrag, an den sich alle Staaten halten und der dann für alle Unternehmen verpflichtend wird.“ Grünen-Parteichef Cem Özdemir nannte in der Online-Ausgabe der „Welt“ die Forderung ein „durchsichtiges Ablenkungsmanöver“ vom unzureichenden Friedrich-Besuch.