Fragen & Antworten: Baustopp ist noch kein Ausstieg
Stuttgart (dpa) - Zwei Tage nach dem Sieg von Grün-Rot bei der Landtagswahl im Südwesten zeigt sich die Deutsche Bahn bei Stuttgart 21 kompromissbereit. Wie schon während der Schlichtung erlässt sie einen Bau- und Vergabestopp für das 4,1 Milliarden Euro teure Vorhaben.
Damit entspricht sie den Forderungen der künftigen Regierungskoalition.
Ist das der erste Schritt zum vollständigen Aus für das Bahnprojekt?
Nein. Bahnvorstand Volker Kefer pochte auch am Dienstag auf die Gültigkeit der Finanzierungsverträge aller Partner. Es handele sich nur um ein Aussetzen der Bauarbeiten und der Vergabe von Aufträgen bis zur Regierungsbildung im Mai. Danach sollen offizielle Gespräche mit den Verantwortlichen geführt werden.
Welche weiteren Meilensteine für das Projekt gibt es noch?
Der Stresstest, eine Computersimulation über die Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofes im Vergleich zum bestehenden Kopfbahnhof, könnte weitere Probleme verursachen. Sind die Nachbesserungen, die sich daraus ergeben könnten, zu teuer, könnte das Vorhaben wieder auf der Kippe stehen. Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann erwartet bis zu einer halben Milliarde Euro Mehrkosten. Die scheidende Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) geht nur von 150 Millionen Euro aus.
Welche Schmerzgrenze hat die Bahn?
Bahnchef Rüdiger Grube hatte stets als „Sollbruchstelle“ einen Wert von 4,5 Milliarden Euro angegeben. Bei einer Veranstaltung hatte er zudem gesagt, bis zu Kosten von 4,8 Milliarden Euro sei Stuttgart 21 für die Bahn noch wirtschaftlich. Hinter Kretschmanns Bemerkung, die von ihm versprochene Volksabstimmung werde kommen, „es sei denn, wir einigen uns in der Sache vorher“, steckt wohl die Annahme, dass die Bahn sich selbst zurückziehen könnte, wenn die Kosten vollends aus dem Ruder laufen.
Warum ist der Baustopp vor allem für die Grünen so wichtig?
Sie kämpfen seit Jahren gegen Stuttgart 21 und streben einen Ausstieg des Landes aus der Finanzierung an. Sie verlangten ein Aussetzen, damit bis zur geplanten Volksabstimmung nicht noch weitere Fakten geschaffen werden. Denn die von der Bahn bereits im vergangenen Herbst genannten Ausstiegskosten von 1,5 Milliarden steigen mit jedem vergebenen Auftrag. Die SPD, die für das Projekt ist, aber auch die Bürger befragen will, wird in ihrer Informationskampagne für die wohl im Herbst zu erwartende Abstimmung gerade auf die hohen Ausstiegskosten hinweisen.
Welche Bauarbeiten standen gerade an?
Nach dem Versetzen von 16 Bäumen an der Nordseite des Bahnhofes waren die Tiefbauarbeiten für ein unterirdisches Technikgebäude geplant. Auch eine 17 Kilometer lange Rohrleitung durch die Innenstadt, zum Teil am Boden, zum Teil geständert, für das Grundwassermanagement sollte demnächst verlegt werden. Bei den Aufträgen sticht der mehrere 100 Millionen Euro teure Tunnel aus dem Stuttgarter Talkessel zum Flughafen auf den Fildern hervor. Wäre er vergeben worden, wären die möglichen Kosten eines Ausstiegs des Landes in die Höhe geschossen.