Gedenken an NSU-Opfer bei Demonstration in München
München (dpa) - Tausende Menschen haben am Samstag in München bei einer Demonstration gegen Rechtsextremismus der Opfer der Terrorzelle NSU gedacht. Das Mitgefühl gehöre den Angehörigen, sagte der Imam der muslimischen Gemeinde von Penzberg, Benjamin Idriz: „Wir fühlen und trauern mit ihnen.“
Die Opfer seien nach Deutschland gekommen, um für ihre Familien eine sichere Zukunft aufzubauen. „Aber Deutschland hat es nicht geschafft, sie zu schützen“, sagte Idriz. „Das Vertrauen ist tief zerstört.“
Zu der Demonstration eines Bündnisses linker Gruppen kamen laut Polizei rund 2500 Teilnehmer. Die Veranstalter sprachen von mehr als 6000 Menschen. „Verfassungsschutz abschaffen“ und „München bleibt nazifrei“, hieß es auf Transparenten. Laut Polizei reisten auch rund 100 Autonome an; die Veranstaltung verlief aber zunächst friedlich.
Die Witwe des 2005 in München ermordeten Griechen Theodoros Boulgarides sagte, ihre Familie habe unter Schock gestanden - zuerst wegen des Mordes, dann wegen der falschen Verdächtigungen. „Fast acht Jahre später herrscht immer noch Fassungslosigkeit bei uns.“
Die Ermittler hatten die Täter teilweise im familiären Umfeld vermutet oder die Opfer in einen Zusammenhang mit organisierter Kriminalität gebracht. In Richtung Rechts wurde nur unzureichend ermittelt - über ein Jahrzehnt tappten die Ermittler im Dunkeln. Neun Morde an Kleinunternehmern mit ausländischen Wurzeln und an einer deutschen Polizistin sowie Raubüberfälle und Anschläge gehen laut Anklage auf das Konto des „Nationalsozialistischen Untergrunds“. Der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer beginnt am Mittwoch.
„Wir Opfer sind keine Statisten, wir sind inmitten des Geschehens“, sagte ein Redner, der vor 20 Jahren zu den Betroffenen des rassistischen Brandanschlags von Mölln zählte. „Es existiert von uns aus kein Vertrauen in diesen Staat.“
Die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano sagt in einer elektronisch abgespielten Grußbotschaft: „Wir dürfen den Neonazis in dieser Stadt keinen Fußbreit überlassen.“ Die mehrstündige Demonstration stand unter dem Motto „gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus“.