Griechen wollen sparen - Rentenkürzungen offen
Athen (dpa) - Griechenlands Koalitionsregierung will im Kampf gegen die Staatspleite neue harte Sparmaßnahmen schultern, streitet aber weiter über Rentenkürzungen.
Das geplante Programm sieht niedrigere Mindestlöhne, eingefrorene Gehälter und weniger Staatsdiener vor. Bis 2015 soll Athen so insgesamt 14 Milliarden Euro sparen, allein dieses Jahr sollen es 3,1 Milliarden sein.
Ein neues Sparpaket ist Voraussetzung für weitere Milliarden-Hilfen. Noch am Donnerstagabend (18.00) kommen in Brüssel die Euro-Finanzminister zu einer Sondersitzung zusammen, um über Griechenland zu beraten.
Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen des Finanzministeriums erfuhr, räumte die „Troika“ der internationalen Geldgeber nun 15 Tage Zeit ein, um das strittige Renten-Thema zu regeln. Aus Protest gegen die Einschnitte riefen die Gewerkschaften zu einem zweitägigen Streik auf.
Der Athener Finanzminister Evangelos Venizelos macht von neuen Hilfen das Schicksal seines Landes abhängig. „Davon hängt das finanzielle Überleben unseres Landes ab“, sagte er im griechischen Fernsehen. Denn ohne weitere Hilfen droht Griechenland bald die Pleite. Am 20. März werden Staatsanleihen im Umfang von 14,5 Milliarden Euro fällig.
In siebenstündigen Verhandlungen hatten sich die Chefs der regierungsstützenden Parteien in der Nacht „auf alle Themen außer einem geeinigt. Dieses muss noch mit der "Troika" besprochen werden“, erklärte das Büro von Regierungschef Lucas Papademos schriftlich. „Wir kämpfen hart um die Renten“, sagte der Chef der Konservativen Antonis Samaras im Fernsehen. Es geht um einen Betrag in Höhe von 300 Millionen Euro.
Besonders umstritten war bis zuletzt auch die Senkung des Mindestlohns, dem in Griechenland eine besondere Bedeutung zukommt, da an ihn das Arbeitslosengeld gekoppelt ist. Er soll im privaten Bereich um 22 Prozent von heute 751 Euro brutto auf 586 Euro verringert werden. Darüber hinaus einigten sich die Parteiführer unter anderem auf die Entlassung von 150 000 Staatsbediensteten, allein in diesem Jahr sollen 15 000 gehen. Außerdem sollen die Löhne solange eingefroren werden, bis die Arbeitslosenquote deutlich gesunken ist. Bis zum kommenden Sonntag soll in Athen das neue Sparpaket endgültig verabschiedet sein.
Gewerkschaften riefen aus Protest gegen die geplanten Einschnitte erneut zu einem Streik auf - diesmal für zwei Tage. Am Freitag und am Samstag soll die Arbeit ruhen, wie die größten Gewerkschaftsverbände GSEE für den Privatsektor und ADEDY für die Beamten mitteilten. Bereits für den Abend waren zudem mehrere Demonstrationen linksgerichteter Organisationen geplant. Die Kommunisten riefen die Bevölkerung zum Aufstand gegen die geplanten Maßnahmen auf.
Kurz nach dem Ende der Gespräche der griechischen Spitzenpolitiker kamen die „Troika“-Vertreter von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) erneut zu Verhandlungen am Sitz des Ministerpräsidenten an. Papademos war von den Parteivorsitzenden ermächtigt worden, die Gespräche mit der Troika zu Ende zu führen. Sie reisten am frühen Donnerstagmorgen wieder ab. Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt.
Parallel wird über einen freiwilligen Schuldenschnitt für Griechenland mit privaten Gläubigern wie Banken und Hedge-Fonds verhandelt. Griechenland hofft dabei auf eine Reduzierung des Schuldenberges um 100 Milliarden Euro. Ob diese Zahl zustande kommt, gilt aber als fraglich. Denn es ist unklar, ob sich alle Gläubiger zum Forderungsverzicht bereiterklären.
Zuletzt hatte sich Bewegung in diesen Verhandlungen abgezeichnet. Die EZB soll nach Informationen des „Wall Street Journal“ nun bereit sein, zum griechischen Schuldenschnitt beizutragen. Weder die EZB noch die EU-Kommission wollten dies am Mittwoch kommentieren. In EZB-Kreisen hieß es indes, der „WSJ“-Bericht treffe nicht zu.
Früheren Angaben des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos zufolge hingen die Verhandlungen mit den Privaten zuletzt an der Frage, ob EZB und nationale Notenbanken beim Forderungsverzicht mit ins Boot steigen. Größter öffentlicher Gläubiger ist die EZB. Sie hatte seit 2010 griechische Staatsanleihen aufgekauft, um den damals einsetzenden rapiden Kursverfall aufzuhalten.
Griechenland hängt bereits seit dem Frühjahr 2010 am internationalen Finanztropf. Damals wurden dem Land als erstem in der Eurozone Kredithilfen über 110 Milliarden Euro zugesagt, die sich aber bald als unzureichend erwiesen.