Griechische Drohung mit Flüchtlingen sorgt für Empörung
Berlin (dpa) - Gebt ihr kein Geld, schicken wir euch Flüchtlinge: Mit dieser Drohung sorgt das von einer Staatspleite bedrohte Griechenland für neuen Unmut. Umgehend folgen Gegendrohungen.
Griechische Politiker sorgen im Schuldenstreit mit zunehmend schrillen Äußerungen zu Flüchtlingen für Unverständnis und Empörung. Verteidigungsminister Panos Kammenos hatte damit gedroht, Zehntausende Flüchtlinge in andere EU-Staaten weiterzuschicken, darunter eventuell auch Mitglieder der IS-Terrormiliz, wenn Europa Athen in der Schuldenfrage nicht entgegenkomme.
Die EU-Kommission schaltete sich am Montag in die Debatte ein. Der zuständige EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos führe Gespräche mit den griechischen Behörden, teilte eine Kommissionssprecherin am Montag in Brüssel mit. „Er hat vom (griechischen) Innenministerium die Zusicherung erhalten, dass keine Maßnahmen getroffen wurden, um Aufenthaltslager zu öffnen.“
Die Kommission reagierte damit auf Äußerungen von Kammenos: „Wenn sie Griechenland einen Schlag versetzen, dann sollen sie wissen, dass (...) die Migranten (Reise-) Papiere bekommen und nach Berlin gehen.“ Kammenos ist Chef der rechtspopulistischen Partei „Unabhängige Griechen“. Diese ist Juniorpartner in der Koalitionsregierung des linken Regierungschefs Alexis Tsipras.
Als „absolut inakzeptabel“ bezeichnete dies der Unions-Obmann im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, Roderich Kiesewetter (CDU). Die Drohung mit einem Ausschluss Griechenlands aus dem Schengenraum müsse erwogen werden. Das wäre ein „starkes letztes Mittel“, sollte sich die Athener Regierung uneinsichtig zeigen, sagte der Politiker am Montag dem „Handelsblatt“ (Online-Ausgabe).
Scharfe Kritik äußerte auch der Chefhaushälter der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Kahrs. Die „halbstarken Sprüche“ des Verteidigungsministers seien nicht akzeptabel. „Diese Auftritte schaden Griechenland und erreichen nur das Gegenteil“, sagte Kahrs der Zeitung.
Der für die Bundespolizei zuständige Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, forderte, Deutschland müsse seine Grenzen wieder stärker selbst schützen und könne sich in dieser Frage nicht mehr alleine auf die EU-Staaten am Süd- und Ostrand des Schengen-Raumes verlassen. „Das Prinzip Schengen funktioniert nur bei schönem Wetter, aber nicht wenn Druck auf dem Kessel ist, so wie im Moment“, fügte er hinzu.
Ein Sprecher der Bundesregierung rief Athen zur Ordnung. „Jeder Mitgliedstaat muss sich an die bestehenden Vereinbarungen halten“, sagte er. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums fügte hinzu, es werde nicht davon ausgegangen, dass islamistische Terroristen als Asylbewerber nach Deutschland gelangt sind. „Derzeit liegen keine konkreten Hinweise vor, dass sich in dieser Gruppe Terroristen des Islamischen Staates (IS) befinden“, sagte sie. Die Sprecherin wies darauf hin, dass die personenbezogenen Daten, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge von jedem Asylbewerber aufnimmt, immer sofort mit den Sicherheitsbehörden abgeglichen würden.
Die Alternative für Deutschland (AfD) sprach sich angesichts der neuerlichen Drohung aus Griechenland für eine vorübergehende Aussetzung des Schengen-Abkommens zur Abschaffung der Grenzkontrollen aus.