Balanceakt im Endspurt Grüne hoffen noch auf „Überraschungscoup“

Berlin (dpa) - An kämpferischem Optimismus mangelt es bei den Grünen nicht - eine Woche vor der Bundestagswahl und bei immer noch mageren Umfragewerten für die Ökopartei.

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Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt jedenfalls ist sich ganz sicher: „Am nächsten Sonntag“, ruft sie der verunsicherten Basis auf dem Parteitag zu, „werden wir so'n richtigen, richtigen Überraschungscoup landen“.

Göring-Eckardt macht sich vor dem Wahlkampf-Endspurt damit selbst Mut. Denn für die Grünen wird es auf den letzten Metern schwer, am nächsten Sonntag wie erhofft ein zweistelliges Ergebnis einzufahren und doch noch als drittstärkste Kraft in den Bundestag einzuziehen.

Sollte dies der Öko-Partei am 24. September gelingen, wäre dies in der Tat der „Überraschungscoup“, von dem Göring-Eckardt und Grünen-Spitzenmann Cem Özdemir in den verbleibenden Tagen träumen. Nach aktuellen Umfragen ist es eher ein Hoffen auf ein Wunder. Am Ende könnte es sogar passieren, dass die Grünen noch unter ihr mageres Ergebnis von 8,4 Prozent bei der Wahlschlappe 2013 fallen.

Beim Drei-Stunden-Parteitag der Grünen im früheren Gasometer Schöneberg feuern Spitzenleute die Basis daher vor allem mit Schlagworten wie „Mut“ und „Richtungsentscheidung“ an - oder mit Appellen wie „Es kommt diesmal wirklich auf Alles an“ und „dieser Endspurt wird wirklich hart“. Noch sei nichts entschieden, versucht das Spitzenduo die Partei aufzumuntern. Immerhin wünsche sich ja jeder zweite Deutsche eine Regierungsbeteiligung der Grünen. Der andere Strohhalm: 40 Prozent der Wähler seien noch unentschieden.

So herrscht zumindest vor dem Endspurt seltene Harmonie. Streit und Gegenanträge zum Wahlaufruf des Spitzenduos gibt es beim Parteitag nicht. Das Signal: Geschlossen, aber nicht verschlossen. Denn die Grünen wollen endlich wieder auch im Bund regieren. Das können sie nach den Umfragen aber nur an der Seite von Union und FDP in einem „Jamaika“-Bündnis. Sowohl Grüne als auch FDP sind aktuell zu schwach, um allein mit CDU/CSU regieren zu können. „Jamaika“-Begeisterung herrscht aber weder bei Grünen noch bei Liberalen.

Natürlich attackieren Göring-Eckardt, Özdemir & Co. lautstark die Liberalen, die zeitgleich nur ein paar Kilometer weiter auf einem Sonderparteitag zum Kampf um Platz drei blasen. Aktuell liegt die FDP nämlich weiter leicht vor den Grünen, aber ebenfalls hinter den Linken und der AfD. Daher stehen sich Liberale und Grüne letztlich näher, als ihnen eigentlich lieb ist. Bleibt es bei den bisherigen Zustimmungswerten, könnten sie das gleiche Schicksal teilen: Entweder auf der Oppositionsbank landen oder mitregieren.

So belassen es die Grünen vor dem Showdown beim üblichen politischen Schlagabtausch mit der FDP - denen sie „Realitätsverweigerung“ vorwerfen. Oder sie lästern über die „One-Man-Show“ des FDP-Chefs Christian Lindner. Es gibt auch ein paar Seitenhiebe auf die „Kollegen in der Sonnenallee“, wie Özdemir in Richtung Konkurrenz auf FDP-Parteitag ein paar Straßen weiter sagt.

Auf allzu scharfe Angriffe aber verzichten die Spitzen-Grünen, um mögliche Koalitionsgespräche nicht schon von vornherein unmöglich zu machen. Für Özdemir seien die Mitbewerber keine Feinde. Mit allen außer der AfD werde man reden - schon aus Verantwortung für Deutschland, wie es der Grünen-Chef staatsmännisch sagt, der sich anschließend noch ein kurzes TV-Duell mit Lindner liefern wollte.

Göring-Eckardt stimmt die Basis jedenfalls bereits auf „verdammt schwierige Koalitionsgespräche“ ein. Und Özdemir zieht dafür zumindest Leitplanken: Ohne Klimaschutz und eine wertegeleitete Außenpolitik werde es mit den Grünen nicht klappen. Ansonsten, so Özdemir, gehe man „erhobenen Hauptes“ eben in die Opposition.