Grundsatzeinigung im Ringen um neues Hilfspaket
Athen/Brüssel (dpa) - Der Rahmen für neue Milliardenhilfen an Griechenland steht. Experten Athens und der Geldgeber haben sich in der Nacht zum Dienstag auf Bedingungen für Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro geeinigt.
Nach der „Grundsatzeinigung (...) auf technischer Ebene“ fehle nur noch die „Einigung auf politischer Ebene“, sagte eine Sprecherin der Brüsseler EU-Kommission.
Bereits am Donnerstagabend soll nach Regierungsangaben aus Athen das griechische Parlament über das neue Spar- und Hilfsprogramm abstimmen. Am Tag darauf könnten die Finanzminister der Euro-Staaten grünes Licht geben. Danach müssten nur noch der Bundestag und andere nationale Parlamente die Einigung billigen.
Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos sagte nach dem Ende der Gespräche, es gebe „noch ein, zwei Details“, die geklärt werden müssten. Wie schon in der Vergangenheit soll Athen die Finanzhilfen nur gegen weitreichende Reform- und Sparzusagen erhalten.
Am Nachmittag informierten Verhandlungsteilnehmer Vertreter der EU-Staaten in einer Telefonkonferenz über Einzelheiten. Im Anschluss hieß es aus EU-Kreisen, die vorliegenden Informationen über die Grundsatzeinigung seien „positiv aufgenommen“ worden. Weil noch nicht alle Papiere schriftlich vorgelegen hätten, könne es allerdings an diesem Mittwoch eine weitere Telefonkonferenz geben.
Fehlende Dokumente sollten den Hauptstädten noch am Abend zur Verfügung gestellt werden, hieß es aus einer anderen Quelle. Am Mittwochnachmittag werde man wissen, ob die Finanzminister der Euro-Staaten am Freitag über das neue Hilfsprogramm abstimmen können.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonierte unterdessen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Das bestätigte eine Regierungssprecherin in Berlin. Sie äußerte sich aber nicht zu den Inhalten.
Aus Athener Regierungskreisen hieß es, Tsipras habe Merkel darüber informiert, dass es eine Grundsatzeinigung mit den Vertretern der Geldgeber gegeben habe. Merkel habe ihm gesagt, sie habe nicht genügend Informationen zur Einigung, hieß es weiter. Sie habe zudem erneut einen möglichen Überbrückungskredit angesprochen. Einen solchen würde Athen brauchen, falls sich die Verhandlungen weiter hinziehen.
Tsipras hatte am Montagabend bereits mit Merkel, EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und dem französischen Präsidenten François Hollande telefoniert, wobei seine Regierung durchsickern ließ, die Atmosphäre des Gesprächs mit der Kanzlerin sei „nicht sehr warm“ gewesen.
Die Athener Zeitung „Kathimerini“ veröffentlichte eine Liste mit Vorgaben der Gläubiger. Demnach sollen die Abgaben für Reeder erhöht, mehr Steuerfahnder eingesetzt sowie Steuerbegünstigungen für Landwirte und die Ägäisinseln abgeschafft werden. Außerdem solle die umstrittene Immobiliensteuer weiter gelten und es Steuersündern nicht länger erlaubt werden, ihre Schulden in Raten abzustottern. Die stufenweise Abschaffung der Frührente, ein Plan zur Rekapitalisierung angeschlagener Banken und zum Umgang mit faulen Krediten sowie die vollständige Liberalisierung des Energiemarktes und weitreichende Privatisierungen gehören demnach ebenfalls zum Paket.
Verhandlungskreisen zufolge hat Griechenland mit den Geldgebern auch die Haushaltsziele für die kommenden Jahre festgelegt. So wollen die Euro-Staaten in diesem Jahr ein sogenanntes Primärdefizit von 0,25 Prozent hinnehmen. Erst 2016 soll Athen dann 0,5 Prozent und 2017 schließlich 1,75 Prozent Primärüberschuss erwirtschaften. Die Gläubiger würden sich also mit weniger zufriedengeben als bislang gefordert wurde. Das war ein Überschuss von 1, 2, und 3 Prozent der Wirtschaftsleistung in den Jahren 2015, 2016 und 2017.
Der Primärüberschuss klammert auf laufende Kredite entfallende Zinsen und Tilgungen aus. Er dient als Indikator, wie sich der Haushalt - also Einnahmen und Ausgaben - ohne Schuldendienst entwickelt.
Bei der Höhe der ersten Hilfszahlung für Griechenland waren sich die Vertreter der Geldgeber nach einem Bericht der Zeitung „Die Welt“ (Mittwoch) allerdings zunächst nicht einig. Während einige Geldgeber den Griechen in einem ersten Schritt eher 20 bis 25 Milliarden Euro zahlen wollten, plädierte die EU-Kommission dafür, Hilfsgelder in einer Größenordnung von bis zu 40 Milliarden Euro an Athen zu überweisen, wie die Zeitung unter Berufung auf europäische Verhandlungskreise schrieb.