Hintergrund: Regeln zur Aufklärung eines Flugzeugunglücks
Montréal (dpa) - Fliegen ist in den allermeisten Fällen sicher - das ist auch ein Verdienst der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO.
Die UN-Organisation aus dem kanadischen Montréal untersucht Flugzeugunglücke nicht selbst, wertet aber die Ergebnisse aus und setzt internationale Standards. Dafür hat sie ein Handbuch erarbeitet, das das Prozedere festlegt.
„Der Staat, in dem es zu dem Vorfall kommt, muss alle Maßnahmen treffen, um die Beweise zu sichern und das Luftfahrzeug und seinen Inhalt sicher aufzubewahren“, heißt es da. „Sichere Aufbewahrung bedeutet, dass weitere Schäden, der Zugang unbefugter Personen, Diebstahl und Verfall verhindert werden.“
Das Handbuch der ICAO regelt auch den Zugang zu den Beweisen: „Der verantwortliche Ermittler muss ungehinderten Zugang zum Wrack und allen relevanten Materialien haben, einschließlich der Flugschreiber und der Fluglotsen-Aufzeichnungen. Er muss die uneingeschränkte Kontrolle darüber haben, damit er sicherstellen kann, dass kompetente Ermittler die Dokumente rasch und detailliert auswerten können.“
Der ICAO-Katalog macht an mehreren Stellen klar, dass der Staat, im Falle MH17 also die Regierung in Kiew, die Hoheit über die Ermittlungen hat, Flugschreiber auswerten und Autopsien vornehmen soll. Kann er seiner Pflicht nicht nachkommen, sind alle ICAO-Staaten zur Hilfe aufgerufen. Zudem hätten die Länder, aus den das Flugzeug kam, in dem es gebaut wurde und aus denen die Opfer stammen das Recht, an den Untersuchungen beteiligt zu werden.
Obwohl das Handbuch und ein Zusatzpapier fast 600 Seiten haben, findet sich kein Hinweis auf die Frage, was bei einem Absturz in einem nicht von der Regierung kontrollierten Gebiet zu tun ist. Und auch Sanktionen sind nicht geregelt für den Fall, dass die Maßgaben der ICAO nicht eingehalten werden.