Koalition bangt um klare Rettungsschirm-Mehrheit
Berlin (dpa) - Die schwarz-gelbe Koalition muss weiter um eine klare eigene Mehrheit für die Stärkung des Euro-Rettungsfonds EFSF bangen. Zwei Tage vor der Entscheidung des Bundestages verweigerten in der Unionsfraktion am Dienstag 13 Abgeordnete ihre Zustimmung für die EFSF-Reform.
In der FDP wird bei der Abstimmung an diesem Donnerstag mit weniger als fünf Abweichlern gerechnet. In dem Fall würde die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit nur knapp erreicht.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) rechnet mit einer eigenen Mehrheit. Sie sei zuversichtlich, dass die Zahl der Ja-Stimmen der Regierungsfraktionen höher sein werde als die Zahl der abstimmenden Oppositionsabgeordneten. Sie und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bemühten sich, die wachsende Nervosität in der Koalition einzudämmen. Schäuble und Regierungssprecher Steffen Seibert wiesen Spekulationen über eine nochmalige EFSF-Ausweitung zurück.
Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou betonte in Berlin, seine Regierung stehe zu ihren Zusagen, um die nächste Hilfszahlung von 8 Milliarden Euro der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu bekommen. „Ich kann garantieren: Griechenland wird alle Verpflichtungen erfüllen“, sagte er in einer Rede auf dem Tag der Deutschen Industrie.
Vor einem Treffen mit Merkel am Abend bekräftigte er den „großen Willen zu einem Wandel“ in Griechenland. „Wir sind entschlossen das zu tun, was notwendig ist“, sagte der Regierungschef.
Merkel betonte, Deutschland sei zu weiterer Unterstützung bereit. „Wir möchten ein starkes Griechenland im Euro-Raum.“ Athen müsse aber die Vorgaben erfüllen. Ihr sei bewusst, dass den Menschen in Griechenland viel abverlangt werde. Über weitere Hilfen entscheide die „Troika“ aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF. Das „Troika“-Urteil sei Maßstab für das weitere Handeln.
Der Bundestag stimmt an diesem Donnerstag über die Stärkung des EFSF-Fonds ab. Er erhält neue Instrumente. Zugleich soll der Garantierahmen auf 780 Milliarden Euro erhöht werden, damit der Fonds tatsächlich Notkredite von 440 Milliarden ausreichen kann. Eine Mehrheit gilt als sicher, da auch SPD und Grüne Zustimmung signalisiert haben. Schwarz-Gelb reicht auch die einfache Mehrheit.
Bei einem Stimmungstest in der Union zur EFSF-Reform waren am Dienstag elf Abgeordnete dagegen, zwei enthielten sich. Der Kritiker Wolfgang Bosbach (CDU), der ein Nein angekündigt hatte, hatte nicht teilgenommen. Damit hat sich die Zahl der Abweichler bei CDU/CSU im Vergleich zu Anfang September nur wenig verringert.
Die FDP wollte keine Probeabstimmung machen. FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler hatte die FDP den Stabilitätsanker genannt. Er rechne mit nur sehr wenigen Abweichlern. Anfang September gab es in der FDP-Fraktion 2 Nein-Sager und 4 Abgeordnete, die sich enthielten. Schäuble warb am Nachmittag bei der FDP um Zustimmung.
Er beteuerte, es sei keine nochmalige Ausweitung des Euro-Rettungsfonds EFSF über das bisher vereinbarte Kreditvolumen von 440 Milliarden Euro hinaus geplant. Eine weitere Aufstockung wäre eine „dumme Idee“, da dann einige Euro-Länder ihre Bestnote bei der Kreditwürdigkeit („AAA“) verlieren würden: „Das macht keinen Sinn.“
Er hoffe auch, dass EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso ein weiser Mann sein werde bei seiner Rede vor dem EU-Parlament und nicht für zusätzliche Unruhe sorge. Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker betonte, der Fonds solle zwar nicht noch weiter aufgestockt, aber effektiver genutzt werden. Eine weitere Reform des EFSF solle aber erst debattiert werden, nachdem alle 17 Euro-Staaten die aktuelle Stärkung umgesetzt hätten, sagte er vor dem Europarlament.
Spekuliert wird, dass die Schlagkraft des EFSF über eine Hebelwirkung („leverage“) vergrößert wird. Dies hatten die USA, einige Euro-Länder sowie EU-Währungskommissar Olli Rehn ins Spiel gebracht. Vereinfacht gesagt geht es darum, wie aus einem Euro des EFSF fünf gemacht werden können, ohne den Fonds mit noch mehr Kapital auszustatten. Auch Schäuble hatte kürzlich gesagt, der EFSF-Fonds solle natürlich möglichst effizient genutzt werden.
Kritik von US-Präsident Barack Obama am Krisenmanagement der Euro-Zone wies Schäuble zurück. „Ich denke nicht, dass die Probleme Europas die einzigen Probleme der Amerikaner sind.“ Merkel erteilte Forderungen nach Konjunkturprogrammen eine Absage. „Die Idee, dass Wachstum immer nur durch mehr Schulden stattfinden kann, ist eine falsche Idee.“
Der Athener Regierungschef zeigte sich zuversichtlich, die Schuldenkrise zu bewältigen. „Yes, we can“ („Ja, wir können es“), sagte Papandreou und zitierte damit den berühmten Wahlkampfspruch von Obama. Papandreou übte zugleich Selbstkritik. „Wir sind kein armes Land, wir waren ein schlecht geführtes Land.“