Internationale Filmfestspiele Musikgenie in dunkler Zeit: „Django“ eröffnet 67. Berlinale

Berlin (dpa) - Die Musik reißt die Zuschauer von ihren Plätzen. Django Reinhardt spielt mit geschlossenen Augen. Unten in dem Konzertsaal im besetzten Paris 1943 sitzen ganze Horden von Nazis.

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Mit der Weltpremiere des Musikerporträts „Django“ wurde die 67. Berlinale am Donnerstagabend eröffnet. Etienne Comars Biopic über den legendären französischen Jazz-Gitarristen Django Reinhardt handelt von einem Genie in einer dunklen Zeit. Der Wettbewerb um den Goldenen Bären wurde damit offiziell gestartet.

„Django“ erzählt die Geschichte des Mitbegründers des Gypsy-Swing und seiner Flucht aus dem von Deutschland besetzten Frankreich. Jazz und Politik - ein passender Auftakt für die Berlinale, die als das politischste der großen Filmfestivals Berlin, Cannes und Venedig gilt. Mit einer ziemlich zähen Dramaturgie macht es „Django“ dem Publikum allerdings nicht ganz leicht.

Die in „Django“ gezeigte Periode aus Reinhardts Lebens sei ein Beispiel dafür, wie Musik einen Menschen von der Welt abschirmen könne, so der französische Regisseur Comar. „Swing war offiziell verboten, Sinti und Roma wurden überall in Europa verfolgt, aber Django schien das gar nicht zu bemerken. Er war auf dem Gipfel seines Erfolges.“ Es gehe um die Blindheit eines Künstlers und seine spätere Erkenntnis darüber.

Mit Kompositionen wie „Minor Swing“ (später Titelsong im Liebesfilm „Chocolat“ mit Juliette Binoche und Johnny Depp), „Nuages“ und „Manoir de mes rêves“ begeistern Reinhardt, Geiger Stéphane Grappelli und ihr Quintette du Hot Club de France Menschen in ganz Europa. Reinhardts Musik wird auch von den Nazis geschätzt. Die Besatzer wollen den bislang unbehelligt gebliebenen Künstler auf eine Propagandatour durch Deutschland schicken. Doch Reinhardt weigert sich.

Neben „Django“ konkurrieren weitere 17 Filme um den Goldenen und die Silbernen Bären, die am Ende des elftägigen Festivals vergeben werden. Mit Volker Schlöndorff („Rückkehr nach Montauk“), Andres Veiel („Beuys“) und Thomas Arslan („Helle Nächte“) haben auch drei Deutsche Bären-Chancen.

„Django“ bedeutet in der Sprache der französischen Sinti, der Manouches: „Ich wache auf“. Das Filmporträt zeigt einen Menschen voller Widersprüche. „Django war kein Held. Er hat getan, was er konnte, mit dem, was er hatte“, sagt Regisseur Comar. In „Django“ schwinge viel von unserer Gegenwart mit. „Politische Statements von Künstlern, das gefährliche Thema nationaler Identität, heimatlose Flüchtlinge, die nirgends hinkönnen, illegale Migranten, die festgenommen werden — man könnte 'Django' fast als einen aktuellen Film begreifen.“

Comar - als Produzent und Drehbuchautor machte er sich einen Namen zum Beispiel mit dem Drama „Von Menschen und Göttern“ - gibt mit „Django“ sein Debüt als Regisseur. Er arbeitete für den auf Tatsachen beruhenden Film eng mit Django Reinhardts Enkel David zusammen.

„Django“-Darsteller Reda Kateb („Zero Dark Thirty“, „Die schönen Tage von Aranjuez“) nahm ein Jahr lang Gitarrenunterrricht. An seiner Seite ist Cécile de France („Der Junge mit dem Fahrrad“) als Reinhardts Geliebte Louise zu sehen. Die niederländische Jazzband Rosenberg Trio spielte Reinhardts Musik für den Film neu ein.

Wie Bimbam Merstein, die Djangos Mutter spielt, sind viele der Darsteller aus der Gemeinschaft der Sinti. „Das sind fast alles Musiker. Sie gehören zu den letzten, die Manouche sprechen, einen Mix aus Romani und Deutsch. Das ist der Dialekt, den die Schauspieler im Film sprechen“, erklärt Comar.