NSA entwickelt angeblich Quanten-Computer zum Ausspähen

Washington/Berlin (dpa) — Der US-Geheimdienst NSA forscht laut einem Medienbericht an einem Quanten-Computer, der nahezu alle Verschlüsselungen bei Banken, in der Forschung und von Regierungen knacken könnte.

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Das Forschungsprojekt sei Teil eines rund 80 Millionen Dollar (58 Millionen Euro) schweren Forschungsprogramms, berichtete die „Washington Post“ am Donnerstag (Ortszeit) in ihrer Online-Ausgabe unter Berufung auf Dokumente des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden.

Der Bundestag wird die Spionageaktivitäten der NSA in Deutschland in einem Untersuchungsausschuss beleuchten. Die Koalitionsfraktionen zeigten sich am Freitag bereit, eine entsprechende Forderung von Grünen und Linken zu unterstützen. „Wenn die Opposition der Auffassung ist, dass ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden soll, werden wir uns dem nicht verschließen“, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), in Berlin. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte: „Das Beste wäre, wenn alle Fraktionen sich auf einen gemeinsamen Antrag einigen.“

CSU-Chef Horst Seehofer hatte die Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und CSU bereits zuvor aufgerufen, der Einsetzung eines solchen Gremiums nicht im Wege zu stehen. Auch die SPD hatte grundsätzlich ihre Zustimmung signalisiert, diese aber vom genauen Arbeitsauftrag abhängig gemacht. Oppermann verzichtete nun auf diese Bedingung. „Ich halte einen Untersuchungsausschuss für unausweichlich“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag). „Diese Affäre muss gründlich aufgeklärt werden.“

Fraglich ist bislang, was so ein Gremium untersuchen könnte. Der US-Geheimdienst stützt sich bei seinen Aktivitäten auf amerikanisches Recht. Der frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden, der die Affäre ans Licht gebracht hat, genießt noch bis zum Sommer Asyl in Russland. Linke und Grüne haben angekündigt, ihn als Zeugen nach Deutschland holen zu wollen, wenn ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird. Snowden hatte erklärt, dass er grundsätzlich zu einer Aussage bereit sei - aber nur, wenn ihm ein sicherer Aufenthalt garantiert werde. Die USA suchen ihn wegen Geheimnisverrats.

Die „Washington Post“ veröffentlichte am Freitag weitere Details aus den Snowden-Dokumenten. Danach strebt die NSA nach einem Superrechner auf Basis der Quantenphysik. Ein solcher Quanten-Computer könnte um ein Vielfaches leistungsstärker und schneller als herkömmliche Supercomputer arbeiten. Der Geheimdienst könnte so möglicherweise Verschlüsselungen knacken, die bisher als sicher angesehen werden. Verschlüsselungsmethoden für digitale Daten gelten als sicher, wenn es in einer realistischen Zeitspanne nicht gelingen kann, den Code zu knacken. Mit einer vielfach größeren Rechenleistung wäre diese Sicherheit ausgehebelt. Die internationale Forschung an Quanten-Computern steckt allerdings noch in den Anfängen.

Mit den Plänen zu einem eigenen Quanten-Computer fügt sich ein weiteres Puzzleteil in den Abhörskandal, den Snowden angestoßen hatte. Die Technologie der Quanten-Computer ist bislang noch weithin theoretisch. Nach Einschätzung von Wissenschaftlern ist es kaum denkbar, dass die NSA deutlich weiter als andere zivile Labors vorangeschritten ist. „Es scheint unwahrscheinlich, dass die NSA der Welt so weit voraus ist, ohne dass es jemand weiß“, zitiert die „Washington Post“ Scott Aaronson, Professor am berühmten Forschungszentrum MIT in Massachusetts.