Tillersons Nähe zum Kreml Ölspur nach Moskau: Trumps umstrittener Außenminister
New York (dpa) - Große Deals machen, Geschäfte zum Wohl der USA: In der Person von Rex Tillerson hat der künftige US-Präsident Donald Trump jemanden gefunden, der das verkörpert, was er im Wahlkampf versprach.
Noch dazu mit besten Kontakten nach Russland.
Ein diplomatisches Gespür oder eine umfassende Kenntnis für die Krisen und Konflikte dieser Welt scheinen bei der Wahl nebensächlich gewesen zu sein. Trump lobt an seinem zukünftigen Chefdiplomaten dessen Leistungen als Unternehmer, sein Verhandlungsgeschick. „Rex Tillersons Karriere ist die Verkörperung des amerikanischen Traums.“
Die Diplomatie verkommt in Trumps Worten zur bloßen Geschäftemacherei. Mit einem Ölmanager im Außenminister und einem Immobilienmogul im Weißen Haus erscheint plötzlich alles als große Verhandlungsmasse: der Krieg in Syrien, die Sanktionen gegen Moskau, die Kämpfe in der Ukraine, die Annexion der Krim.
Die von Trump geplante Regierung lässt manchen Beobachter gruseln. Der Republikaner öffnete sein Kabinett für die Wall Street, das Militär und nun für das große Öl. Als wären die eigenen Interessenkonflikte nicht heftig genug, mit denen sich Trump wegen seiner unternehmerischen Beziehungen konfrontiert sieht, bringt der 64-jährige Tillerson noch einmal ein ganzes Bündel mit.
Trump ist außenpolitisch trotz aller lauten Töne im Wahlkampf ein unbeschriebenes Blatt, aber seine Prioritäten werden langsam deutlich. Während er die eine Hand offen nach Moskau ausstreckt, ballt er die andere drohend zur Faust gen Peking. Die ersten Züge, die der politisch Unerfahrene auf dem Schachbrett der Diplomatie hinlegt, deuten darauf hin, dass er China zum Feindbild aufbauen will, während er den Kurswechsel gegenüber Russland vorantreibt.
Mit seiner bemerkenswerten Hinwendung zu Moskau brach Trump schon im Wahlkampf mit einer der ureigensten Doktrinen seiner Partei, nun wirft er sie völlig über Bord. Die Erben Ronald Reagans blicken auf einen Scherbenhaufen. Und für Europa lässt das alles nichts Gutes erahnen.
Tillersons Nähe zum Kreml ist reichlich in Bildern dokumentiert. Ein fester Händedruck, ein freundliches Lächeln - Kremlchef Putin und der künftige US-Außenminister haben eine gute Basis, auf der sie ihre Kontakte aufbauen können. Als Putin dem grau melierten Ölmanager 2013 in St. Petersburg das grüne Band mit dem Freundschaftsorden - der höchsten Auszeichnung für Ausländer in Russland - an das schwarze Revers heftet, ist die Stimmung gelöst.
Tillerson gilt in Moskau als Freund Russlands. Die Nominierung sei eine Sensation, jubiliert der Außenpolitiker Alexej Puschkow. „Dieser Geschäftsmann ist ein ausgesprochener Pragmatiker und hat viel Erfahrung mit Russland“, schreibt das Mitglied des Oberhauses bei Twitter.
Der 64-jährige Tillerson leitete bereits in den 90er Jahren Projekte des Ölriesen ExxonMobil auf der russischen Pazifikinsel Sachalin. 2011 schloss der US-Konzern unter Tillersons Führung einen Vertrag mit dem russischen Staatsunternehmen Rosneft zur Erschließung von Ölfeldern in der Arktis und in Sibirien. Zu Rosneft-Chef Igor Setschin, einem Vertrauten Putins, pflegt er gute Beziehungen.
Den Orden verlieh ihm Putin, weil Tillerson Investitionen nach Russland gebracht hatte. Wenige Monate später verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Russland und den USA wegen der vom Westen als Völkerrechtsbruch verurteilten Annexion der Halbinsel Krim.
Die daraufhin verhängten US-Sanktionen sind Tillerson ein Dorn im Auge. Auch deswegen feiern Kommentatoren in Moskau die Nominierung. „Das State Department ist unser!“, schreibt die Boulevardzeitung „Komsomolskaja Prawda“ - eine Anspielung auf die Parole „Die Krim ist unser!“, beliebt geworden nach der Einverleibung 2014.
Beobachter verweisen darauf, dass der Manager Tillerson vor allem deswegen gegen die Strafmaßnahmen ist, weil diese seinem Konzern schaden. Die meisten der Exxon-Projekte in Russland mussten Berichten zufolge auf Eis gelegt werden, wodurch dem Unternehmen angeblich Geschäfte im Wert von 1,6 Milliarden US-Dollar entgingen.
Die Reaktion des Kremls auf die Personalie fällt nüchtern aus. Der Kontakt zu Putin sei stets konstruktiv gewesen, heißt es aus der Machtzentrale. „Es kommt immer auf Professionalität und eine konstruktive Einstellung an. Wir hoffen, dass das passieren wird“, betont Sprecher Dmitri Peskow.
Die Entscheidung Trumps kann als Zeichen gewertet werden, dass er die Beziehungen zu Moskau tatsächlich verbessern will. Putin war einer der ersten Staatschefs, die Trump zu seinem Wahlsieg gratulierten. Wenige Tage später telefonierten die beiden miteinander, versicherten sich gegenseitig, dass man das Verhältnis beider Länder verbessern wolle.
Die neuen Gewichte im Verhältnis zu Russland und China machen das Szenario nicht unwahrscheinlich, dass Trump sich neben alldem nicht groß um die Beziehungen zu den europäischen Verbündeten scheren wird.
Die Europäische Union ist in der Welt des Donald Trumps in diesen Tagen nicht mehr als eine Erwähnung auf einer Liste. Am Montagabend verschickt das Team des Republikaners eine Aufzählung seiner jüngsten Telefonate mit Politikern. Jean-Claude Juncker, der Chef der EU-Kommission, ist darunter. Es ist aber nicht einmal klar, ob Trump selbst mit ihm sprach, oder ob er das seinem Vizepräsidenten Mike Pence überließ. Auch der Inhalt des Gesprächs bleibt offen.