Pferdefleisch-Skandal lenkt Blick auf Polens Schlachttransporte

Warschau (dpa) - Als Lebensmittelinspekteure das erste Pferdefleisch in irischen Hamburgern entdeckten, zeigte Irlands Landwirtschaftsminister Simon Coveney anklagend in Richtung Polen. Von dort sei das angebliche Rindfleisch gekommen.

Die polnische Veterinäraufsicht untersuchte prompt die Schlachtbetriebe, aus denen das Fleisch geliefert wurde. Sie konnte aber in keiner der Fleischproben Pferde-DNA nachweisen.

„Alles deutet darauf hin, dass das Fleisch, das aus Polen geliefert wurde, Rindfleisch war“, bekräftigte Jaroslaw Naze, stellvertretender Chef der Veterinäraufsicht. „Wann und wo es zur Fälschung des Produkts oder der Lieferpapiere kam, ist bisher nicht bekannt.“ Inzwischen ermitteln polnische Sicherheitsbehörden. Vor allem die Betriebe, in denen auch Pferde geschlachtet werden, sind im Fokus. Nicht nur Lieferpapiere der vergangenen Wochen, sondern auch der vergangenen Jahre sollen auf Unregelmäßigkeiten überprüft werden. Auffälligkeiten oder eine heiße Spur gibt es bisher nicht.

Es kommt jedoch nicht von ungefähr, dass Polen schnell als mögliches Ursprungsland des Pferdefleischs ins Gerede kam: Das Land, in dem noch vor einigen Jahren vor allem Kleinbauern ein Pferd vor den Pflug spannten, hat nach Italien die meisten Pferdeschlachtungen in Europa. Nach einer Studie der Tierschutzorganisation Humane Society International werden in Polen jährlich fast 40 000 Pferde geschlachtet. Das Fleisch ist für den Export bestimmt.

Traditionell sind die Polen ein Volk von Pferdeliebhabern. Den meisten von ihnen graust es bei dem Gedanken, Pferdefleisch zu essen. An Pferdefleisch zu verdienen, davor haben viele Bauern offenbar weniger Skrupel. Tierschützer schlagen schon seit Jahren Alarm wegen der oft miserablen Zustände beim Transport lebendiger Pferde zur Schlachtung nach Italien.

Wegen Stresses, Erschöpfung und Enge verendeten Tiere schon unterwegs, warnt etwa die Tierschutzorganisation Viva. Sie hat mit Unterschriftensammlungen wiederholt versucht, die Exporte in italienische Schlachthöfe zu stoppen. „Wir wollen nicht, dass Polen der führende Exporteur von Pferden nach Italien und in andere Länder ist“, sagt der polnische Viva-Vorsitzende Cezary Wyszynski.

Auch auf dem größten Pferdemarkt Polens im zentralpolnischen Skaryszew waren vor wenigen Tagen Mitglieder von Viva und anderen Organisationen unterwegs. Sie wollten Missstände dokumentieren und den Verkauf von Pferden zur Schlachtung verhindern. Sie waren nicht die einzigen, die auf dem Markt in diesem Jahr ganz genau hinschauten: Angesichts des Pferdefleisch-Skandals waren auch Polizei und Veterinäraufsicht mit Dutzenden Vertretern im Einsatz.