Porträt: Der mürrische Mister Werder Bremen
Bremen (dpa) - Zuletzt wirkte er immer dünnhäutiger. Die Krise bei Werder Bremen ging Thomas Schaaf sichtlich nahe. Aber der 52-Jährige wollte vom Rücktritt nichts wissen.
Fragesteller raunzte er an - das hat der knorrige Fußball-Lehrer immer mal wieder gemacht, wenn ihm die Fragen nicht passten oder er sie für unsinnig hielt.
Schaaf ist ein eigenwilliger Coach, der manchmal wie aus der Zeit gefallen wirkte. Abgenutzt, wie manche Beobachter von außen es gesehen haben wollten, hatte er sich in all den Jahren aber nicht. Schaaf hat sich verändert und ist sich zugleich treugeblieben.
Auch im Erfolg war Schaaf nicht immer einfach. Im Misserfolg fiel es nur mehr auf. Dass er die Kraft zu Veränderungen noch hatte, bewies der Coach schon vor der Saison, als er sich von der geliebten Raute verabschiedete und sich zu einer neuen taktischen Ausrichtung entschloss. 4-1-4-1 war das neue System. Und als das auch nicht wirklich klappte, stellte Schaaf erneut um und setzte auf zwei Sechser vor der Abwehr. Wer Schaaf kennt, der ahnt, wie schwer ihm das gefallen sein muss.
Das Urgestein der Bundesliga war für viele Mister Werder Bremen, noch mehr nach dem Abgang von Klaus Allofs im November vergangenen Jahres. Nach tagelangem Schweigen gab der 52-Jährige dann schließlich zu: „Ich bin natürlich nicht glücklich. Ich hatte mir was anderes vorgestellt.“
Die Flucht seines Kumpels und langjährigen Partners nach Wolfsburg setzte ihm sichtlich zu. Ohne Allofs war Schaaf zunächst der neue starke Mann, so wollte es der Aufsichtsrats-Vorsitzende Willi Lemke. Bei der Suche nach einem Allofs-Nachfolger durfte Schaaf ein gewichtiges Wort mitreden.
Thomas Eichin musste sich sogar beim Trainer in dessen Urlaubsquartier vorstellen, ehe er den Manager-Job bekam. Ironie der Geschichte: Eichin muss nun - ein knappes halbes Jahr später - einen Nachfolger für den Trainer suchen.
Wie sehr sich Schaaf bemüht hatte, ließ sich im Winter-Trainingslager beobachten. Der oft mürrisch daher kommende Fußball-Lehrer führte die Journalisten durchs Spieler-Hotel. Undenkbar war das in all den Jahren zuvor.
Schaaf hatte in Bremen einen neuen Kontrakt bis 2014, und er hätte bei Erfüllung den Rekord von Otto Rehhagel gebrochen. Dieser war vom 2. April 1981 bis zum 30. Juni 1995 Werder-Coach. Doch Rehhagels Rekord war ein Thema, über das Schaaf nicht gerne redete. Auch da konnte er sehr mürrisch werden.
Der am 1. Juli 1972 in den Verein eingetretene Schaaf fühlte sich in der meist unaufgeregten Atmosphäre seines Club immer besonders wohl und hat „die Ruhe hier“ wiederholt als entscheidend für die Erfolge bezeichnet. Werder galt daher auch als einer der Mustervereine der Liga: Schuldenfrei, seriös geführt und mit langfristig arbeitendem Personal. Das scheint jetzt vorbei. Allofs weg, Schaaf weg - Werder Bremen wirkt nun nur noch wie ein ganz normaler Verein.