Protestanführer Suthep Thaugsuban - Märtyrer oder Mörder?

Bangkok (dpa) - Wenn der grauhaarige ältere Herr über die Randlosbrille lächelt, hat er „Netter-Opa“-Qualitäten. Wenn er in seinen Unterlagen sucht, ist er Marke „zerstreuter Professor“. „Mörder“ oder „Märtyrer“, das passt so gar nicht auf Suthep Thaungsuban (64).

Doch zwischen diesen Polen bewegt sich der Mann, der seit Tagen die Massenproteste in der thailändischen Hauptstadt Bangkok anführt. Eine tragische Figur, sagen Analysten inzwischen.

Die Menschen kennen Suthep im Anzug oder in der für politische Würdenträger üblichen weißen Paradeuniform. Er studierte in den USA Politik und kam in der Garnelen- und Palmölindustrie zu Geld. In den 90er Jahren war er Minister, 2008 bis 2011 Vize-Regierungschef.

Seit zwei Wochen tritt er jedoch martialisch ganz in schwarz auf. Er stürmt mit Demonstranten das Finanzministerium. Er schwitzt mit Anhängern auf einem stundenlangen Gewaltmarsch zur Besetzung neuer Ministerien. Er campiert am Boden, er isst von Plastiktellern.

„Wenn wir keinen Erfolg haben, bin ich bereit, auf dem Schlachtfeld zu sterben“, ruft er theatralisch in die schwindende Anhängermenge, wie die „Bangkok Post“ berichtet. Er stilisiert sich im Gespräch mit der „Nation“ zum Märtyrer hoch: „Der Tag, an dem sie mich töten, wird der letzte sein, den diese Regierung im Amt ist.“

Suthep treibt grenzenlose Verachtung für den Shinawatra-Clan. Thaksin Shinawatra wurde 2006 als Regierungschef gestürzt und wegen Korruption verurteilt, setzte sich aber vorher ins Exil ab. Jetzt ist dessen Schwester Yingluck am Ruder. Sie besiegte die Regierung, in der Suthep als stellvertretender Regierungschef diente, 2011.

Und sie ging ihm gleich an den Kragen: Als Thaksin-Anhänger 2010 mit Massendemonstrationen gegen die Regierung ins Feld zogen, ordnete Suthep hartes Durchgreifen an. 92 Menschen kamen um. Deshalb wurde er jetzt wegen Mordes angeklagt.

Der Kampf gegen die Korruption ist heute Sutheps Schlachtruf, aber er stand 1995 auch schon einmal im schlechten Licht. Unter seiner Ägide gelangten für arme Bauern gedachte Landtitel auf dunklen Wegen in die Hände reicher Familien. Darüber stürzte sogar die Regierung.

Yinglucks Amnestiegesetz, das Thaksin als unbescholtenen Mann nach Thailand zurückbringen sollte, hat bei Suthep Anfang November das Fass zum überlaufen gebracht. Er trat als Abgeordneter zurück und begann die Straßenproteste.

Das Gesetz wurde gekippt. Mit dem Sieg in der Tasche hätte er heimgehen sollen, meint Rainer Adam, Regionaldirektor Südostasien der Naumann-Stiftung in Bangkok. „Suthep wurde vom Erfolg seiner Kampagne überrascht. Dann hat er die Bodenhaftung verloren und es verpasst, rechtzeitig auszusteigen. Seine Optionen schwinden. Er ist zu einer tragischen Figur geworden.“