Report: Serienmörder lebte unauffällig
Hamburg (dpa) - Die Rollladen sind heruntergelassen, das zweistöckige Haus mit gelben Klinkern in Hamburg-Wilstorf wirkt kleinbürgerlich und leblos.
In der Nachbarschaft herrscht fast sprachloses Entsetzen über den 40 Jahre alten Mieter, der mindestens drei Jungs umgebracht und viele weitere sexuell missbraucht haben soll. Jahrelang konnte er sich hinter der Maske des Biedermannes verstecken. An seinem Briefkasten prangt ein „Keine Werbung“-Aufkleber. Kamerateams und Reporter suchen nach Eindrücken in der kleinstädtischen Wohnsiedlung im Süden Hamburgs.
„Wir können es einfach nicht fassen“, sagt ein älterer Nachbar zum wiederholten Male, der jahrelang Wand an Wand mit dem mutmaßlichen Kindermörder wohnte. Er beschrieb den mittlerweile in U-Haft sitzenden und geständigen 40-Jährigen als unauffällig. „Man hat von ihm nichts gehört. Wir können praktisch nichts sagen. Er ist vielleicht ein Eigenbrötler.“ Nach Angaben der Polizei arbeitete der Verdächtige zuletzt in der Erwachsenenbildung, früher sei der Pädagoge auch Jugendbetreuer gewesen. Der allein lebende Mann war bereits wegen Sexualstraftaten aktenkundig.
Im Kiosk, nur wenige Meter entfernt, sind die Ereignisse natürlich auch ein Thema. „Ich bin außer mir, das ist schrecklich“, sagt eine Verkäuferin. „In Deutschland ist vieles verkehrt. Die Kinder werden nicht genügend geschützt, die Täter nicht hart genug bestraft.“ Auch Eqbal Shahed, der vor 22 Jahren aus Pakistan nach Deutschland kam, und nur eine Straße weiter wohnt, fordert härtere Strafen. Sexualstraftäter kämen viel zu oft mit zu geringen Strafen davon. „Wer kleine Kinder anfasst, muss weg“, fordert er. Nie wieder freikommen dürften Sextäter.
Eine alte Dame schiebt langsam ihren Gehwagen auf dem Bürgersteig am Haus des Verdächtigen vorbei und wundert sich über den Auftrieb. Sie weiß von dem Geschehenen noch nichts. „Das ist schrecklich“, sagt sie dann. So etwas habe sie ganz bestimmt nicht erwartet. „Hier war noch nie was los“, sagt sie, zeigt auf die Siedlung mit den schon viele Jahrzehnte alten Häusern, schüttelt den Kopf und geht langsam weiter.
Auch Gerd Widder kann kaum glauben, was ihm die Journalisten berichten. Eigentlich müssten Nachbarn doch merken, was mit so einem Mann los ist, meint der Rentner, der jeden Tag in der Siedlung spazieren geht und das warme, sonnige Frühlingswetter ausnutzt. In seinem Beruf habe er immer gewusst, was mit den Leuten los sei, sagt der frühere Gastwirt. So etwas passe ganz und gar nicht nicht in die Gegend. „Hier ist überhaupt nichts los.“